Wer war Jesus vor seiner menschlichen Geburt?

Von Paul Kroll

Hat Jesus vor seiner menschlichen Geburt existiert? Wer oder was war Jesus vor seiner Menschwerdung? War er der Gott des Alten Testaments?

Um zu verstehen wer Jesus war, müssen wir zuerst die grundlegende Lehre der Dreieinigkeit (Trinität) verstehen. Die Bibel lehrt, dass Gott einer ist und nur ein Wesen ist. Das sagt uns, dass er – wer immer oder was immer Jesus vor seiner Menschwerdung war –, nicht ein vom Vater getrennter [separater] Gott gewesen sein konnte.

Wenngleich Gott ein Wesen ist, existiert er seit Ewigkeit in drei wesensgleichen [ebenbürtigen] und ewigen Personen, die wir als den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist kennen. Um zu verstehen, wie die Lehre der Dreieinigkeit die Natur Gottes beschreibt, müssen wir den Unterschied zwischen den Wörtern „Wesen“ und „Person“ im Gedächtnis behalten. Der Unterschied wurde wie folgt ausgedrückt: Es gibt nur ein „Was“ Gottes (d.h. sein Wesen), aber es gibt drei „Wer‘s“ innerhalb des einen Wesens Gottes, d.h. die drei göttlichen Personen – Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Das Wesen, das wir den einen Gott nennen, hat eine ewige Beziehung innerhalb sich selbst vom Vater zum Sohn. Der Vater ist immer der Vater gewesen und der Sohn ist immer der Sohn gewesen. Und natürlich ist der Heilige Geist immer der Heilige Geist gewesen. Eine Person in der Gottheit ging der anderen nicht voraus, noch ist eine Person in ihrem Wesen gegenüber der anderen minderwertig. Alle drei Personen – Vater, Sohn und Heiliger Geist – teilen das eine Wesen Gottes. Die Lehre von der Dreieinigkeit erklärt, dass Jesus nicht zu irgendeiner Zeit vor seiner Menschwerdung geschaffen wurde, sondern er existierte ewiglich als Gott.

Es gibt somit also drei Säulen des trinitarischen Verständnisses von Gottes Natur. Erstens, es existiert nur ein wahrer Gott, welcher der Jahwe (YHWH) des Alten Testaments oder der Theos des Neuen Testaments ist – der Schöpfer von allem, was existiert. Die zweite Säule dieser Lehre besteht darin, dass Gott aus drei Personen besteht, welche der Vater, der Sohn und der Heilige Geist sind. Der Vater ist nicht der Sohn, der Sohn ist nicht der Vater oder der Heilige Geist, und der Heilige Geist ist nicht der Vater oder der Sohn. Die dritte Säule sagt uns, dass diese drei unterschiedlich (aber nicht voneinander getrennt) sind, sondern sie teilen gleichermaßen das eine göttliche Wesen, Gott, und dass sie ewig, ebenbürtig und wesensgleich sind. Daher ist Gott eins im Wesen und eins im Sein, aber er existiert in drei Personen. Wir müssen stets aufpassen, die „Personen“ der Gottheit nicht wie Personen im menschlichen Bereich zu verstehen, wo eine Person von der anderen getrennt ist.

Es wird anerkannt, dass es bezüglich Gott als Dreieinigkeit etwas gibt, das unser begrenztes menschliches Verständnis übersteigt. Die Heilige Schrift erklärt uns nicht, wie es möglich ist, dass der eine Gott als Dreieinigkeit existieren kann. Sie bekräftigt nur, dass dies so ist.

Zugegeben, es scheint für uns Menschen schwer verständlich, wie der Vater und der Sohn ein Wesen sein können. Deswegen ist es notwendig, dass wir den Unterschied zwischen Person und Wesen im Sinn behalten, den die Lehre von der Dreieinigkeit macht. Diese Unterscheidung sagt uns, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Art und Weise, in der Gott eins ist, und der Art und Weise, wie er drei ist. Einfach ausgedrückt ist Gott eins im Wesen und drei in Personen. Wenn wir uns diese Unterscheidung während unserer Diskussion vor Augen halten, werden wir es vermeiden, vom scheinbaren (aber nicht wirklichen) Widerspruch in der biblischen Wahrheit, dass Gott ein Wesen in drei Personen – Vater, Sohn und Heiliger Geist – ist, verwirrt zu werden.

Eine physische Analogie, wenn auch eine unvollkommene, mag uns zu einem besseren Verständnis führen. Es gibt nur ein reines [echtes] Licht – das weiße Licht. Aber das weiße Licht kann in drei Hauptfarben zerlegt werden – rot, grün und blau. Jede der drei Hauptfarben besteht nicht getrennt von den anderen Hauptfarben – sie sind innerhalb des einen Lichtes, dem weißen, inkludiert. Es gibt nur ein vollkommenes Licht, das wir weißes Licht nennen, aber dieses Licht beinhaltet drei unterschiedliche, aber nicht getrennte Hauptfarben.

Die obige Erklärung gibt uns die wesentliche Grundlage der Dreieinigkeit, welche uns die Perspektive liefert, um zu verstehen, wer oder was Jesus war, bevor er Mensch wurde. Wenn wir einmal die Beziehung, die innerhalb des einen Gottes immer existiert hat, verstehen, können wir mit der Antwort auf die Frage fortfahren, wer Jesus vor seiner Menschwerdung [Inkarnation] und seiner physischen Geburt war.

Jesu ewiges Wesen und Präexistenz im Johannesevangelium
Die Präexistenz Christi wird in Johannes 1,1-4 deutlich erklärt. „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. 1,2 Dasselbe war im Anfang bei Gott. 1,3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. 1,4 In ihm war das Leben…“. Es ist dieses Wort oder Logos im Griechischen, dass in Jesus Mensch wurde. Vers 14: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns…“.

Das ewige, nicht geschaffene Wort, das Gott war, und doch als eine der Personen der Gottheit bei Gott war, wurde ein menschliches Wesen. Beachten Sie, dass das Wort Gott „war“ und ein Mensch „ward“ [wurde]. Das Wort kam nie ins Dasein, das heißt, er „wurde“ nicht das Wort. Er war immer das Wort oder Gott. Die Existenz des Wortes ist ohne Ende. Es hat immer existiert.

Wie Donald Mcleod in The Person of Christ [Die Person Christi] darlegt: „Er wird als einer gesandt, der bereits Sein hat, nicht als einer, der ins Dasein kommt, indem er gesandt wird“ (S. 55). Mcleod führt weiter aus: „Im Neuen Testament ist Jesu Existenz eine Fortsetzung seiner früheren oder bisherigen Existenz als himmlisches Wesen. Das Wort, das unter uns wohnte, ist dasselbe wie das Wort, das bei Gott war. Der Christus, den man in der Gestalt eines Menschen findet, ist der Eine, der vorher in der Gestalt Gottes existierte“ (S. 63). Es ist das Wort oder der Sohn Gottes, der Fleisch annimmt, nicht der Vater oder der Heilige Geist.

Wer ist Jahwe?
Im Alten Testament ist der am häufigsten verwendete Name für Gott Jahwe, der von den hebräischen Konsonanten YHWH kommt. Er war Israels nationaler Name für Gott, den ewiglebenden, selbst-existenten Schöpfer. Mit der Zeit sahen die Juden den Namen Gottes, YHWH, als zu heilig an, um ihn auszusprechen. Das hebräische Wort adonai („mein Herr“) oder Adonai, wurde stattdessen benutzt. Daher wird z.B. in der Luther-Bibel das Wort HERR (in Großbuchstaben) dort verwendet, wo in der hebräischen Heiligen Schrift YHWH erscheint.

Jahwe ist der gebräuchlichste Name für Gott, den man im Alten Testament findet – er wird über 6800mal in Bezug auf ihn benutzt. Ein anderer Name für Gott im Alten Testament, ist „Elohim“, der über 2500mal benutzt wird, wie in der Formulierung „Gott, der HERR“ (YHWH Elohim).

Im Neuen Testament gibt es viele Schriftstellen, wo die Verfasser Aussagen auf Jesus beziehen, die unter Bezugnahme auf Jahwe im Alten Testament geschrieben wurden. Diese Praxis der neutestamentlichen Autoren ist so häufig, dass uns deren Bedeutung entgehen mag. Indem Jahwe-Schriftstellen auf Jesus gemünzt werden, deuten diese Verfasser darauf hin, dass Jesus Jahwe oder Gott, der Fleisch wurde, war. Natürlich sollten wir nicht überrascht sein, dass die Verfasser diesen Vergleich ziehen, weil Jesus selber erklärte, dass sich Passagen des Alten Testaments auf ihn bezogen (Lk 24,25-27; 44-47; Joh 5,39-40; 45-46).

Jesus ist der „Ego Eimi“
Im Johannes-Evangelium sagte Jesus seinen Jüngern: „Jetzt sage ich’s euch, ehe es geschieht, damit ihr, wenn es geschehen ist, glaubt, dass ich es bin“ (Joh 13,19). Diese Formulierung „dass ich es bin“ ist eine Übersetzung des Griechischen ego eimi. Diese Wendung kommt im Johannes-Evangelium 24mal vor. Mindestens sieben dieser Aussagen werden als „absolut“ angesehen, weil ihnen keine Satzaussage wie z.B. in Johannes 6,35 „Ich bin das Brot des Lebens“ folgt. In diesen sieben absoluten Fällen folgt keine Satzaussage und das „Ich bin“ steht am Ende des Satzes. Dies weist darauf hin, dass Jesus diese Formulierung als einen Namen benutzt, um zu erkennen zu geben, wer er ist. Die sieben Stellen sind Johannes 8,24.28.58; 13,19; 18,5.6 und 8.

Wenn wir zurück zu Jesaja 41,4; 43,10 und 46,4 gehen, können wir den Hintergrund für Jesu Bezugnahme auf sich selbst als ego eimi (ICH BIN) im Johannesevangelium sehen. In Jesaja 41,4 sagt Gott oder Jahwe: „Ich bin’s, der HERR, der Erste und bei den Letzen noch derselbe.“ In Jesaja 43,10 sagt er: „Ich, ich bin der HERR“, und später heißt es: „Ihr seid meine Zeugen, spricht der HERR, und ich bin Gott“ (V. 12). In Jesaja 46,4 verweist Gott (Jahwe) wiederum auf sich selbst als der „Ich bin es“.

Die hebräische Formulierung „Ich bin es“ wird in der griechischen Version der Heiligen Schrift, der Septuaginta (welche die Apostel benutzten) in Jesaja 41,4; 43,10 und 46,4 mit der Wendung ego eimi übersetzt. Es scheint klar, dass Jesus die „Ich bin es“-Aussagen als Bezugnahmen auf sich selber machte, weil sie direkt mit Gottes (Jahwes) Aussagen über sich selber in Jesaja verbunden sind. Johannes sagte in der Tat, dass Jesus sagte, dass er Gott im Fleisch war (Die Stelle Johannes 1,1.14, welche das Evangelium einführt und von der Göttlichkeit und Menschwerdung des Wortes spricht, bereitet uns für diese Tatsache vor).

Johannes‘ ego eimi („Ich bin“) Identifikation von Jesus kann auch bis zu 2. Mose 3 zurückverfolgt werden, wo Gott sich selber der „Ich bin“ identifiziert. Dort lesen wir: „Gott [hebräisch elohim] sprach zu Mose: ICH WERDE SEIN, DER ICH SEIN WERDE [a. Ü. Ich bin, der ich bin]. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: ‚Ich werde sein‘ [Der ich bin], der hat mich zu euch gesandt.“ (V. 14).

Wir haben gesehen, dass das Johannes-Evangelium eine klare Verbindung zwischen Jesus und Jahwe, dem Namen Gottes im Alten Testament, herstellt. Aber wir sollten auch bemerken, dass Johannes Jesus nicht mit dem Vater gleichsetzt (wie dies auch die anderen Evangelien nicht tun). So betet Jesus z.B. zum Vater (Joh 17,1-15). Johannes versteht, dass sich der Sohn vom Vater unterscheidet – und er sieht auch, dass sich beide vom Heiligen Geist unterscheiden (Joh 14,15.17.25; 15,26). Da dies so ist, ist Johannes‘ Identifikation Jesu als Gott oder Jahwe (wenn wir an seinen hebräischen, alttestamentlichen Namen denken), eine trinitarische Erklärung von Gottes Wesen.

Gehen wir dies noch einmal durch, weil es wichtig ist. Johannes wiederholt Jesu Identifikation [Kennzeichnung] von sich selbst als der „ICH BIN“ des Alten Testaments. Da es nur einen Gott gibt und Johannes dies verstanden hat, dann bleibt uns nur die Schlussfolgerung, dass es zwei Personen geben muss, welche das eine Wesen Gottes teilen (Wir haben gesehen, dass Jesus, der Sohn Gottes, vom Vater verschieden ist). Mit dem Heiligen Geist, der auch von Johannes in den Kapiteln 14-17 besprochen wird, haben wir die Grundlage für die Dreieinigkeit.

Um jeden Zweifel in Bezug auf Johannes‘ Identifikation Jesu mit Jahwe zu beseitigen, können wir Johannes 12,37-41 zitieren, wo es heißt:

„Und obwohl er solche Zeichen vor ihren Augen tat, glaubten sie doch nicht an ihn, 12,38 damit erfüllt werde der Spruch des Propheten Jesaja, den er sagte: «Herr, wer glaubt unserm Predigen? Und wem ist der Arm des Herrn offenbart?» 12,39 Darum konnten sie nicht glauben, denn Jesaja hat wiederum gesagt: «12,40 Er hat ihre Augen verblendet und ihr Herz verstockt, damit sie nicht etwa mit den Augen sehen und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, und ich ihnen helfe.» 12,41 Das hat Jesaja gesagt, weil er seine Herrlichkeit sah und redete von ihm.“

Die obigen Zitate, die Johannes verwendete, stammen aus Jesaja 53,1 und 6,10. Der Prophet sprach diese Worte ursprünglich unter Bezugnahme auf Jahwe. Johannes sagt, dass, was Jesaja tatsächlich sah, war „Jesu Herrlichkeit“ und dass er „von ihm redete“. Für den Apostel Johannes war Jesus also Jahwe im Fleisch; vor seiner menschlichen Geburt war er als Jahwe bekannt.

Jesus ist „der Herr“ des Neuen Testaments
Markus beginnt sein Evangelium mit der Aussage, dass es „das Evangelium von Jesus Christus, dem Sohne Gottes", ist (Mk 1,1). Er zitierte dann von Maleachi 3,1 und Jesaja 40,3 mit den folgenden Worten: „Wie geschrieben steht im Propheten Jesaja: «Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg bereiten soll.» «1,3 Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Steige eben!»“. Natürlich ist der Herr in Jesaja 40,3 Jahwe, der Name des selbst-existierenden Gottes Israels.

Wie oben angemerkt, zitiert Markus den ersten Teil von Maleachi 3,1: „Siehe, ich will meinen Boten senden, der vor mir her den Weg bereiten soll“ (der „Bote“ ist Johannes der Täufer). Der nächste Satz in Maleachi lautet: „Und bald wir kommen zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht; und der Engel des Bundes, den ihr begehrt, siehe, er kommt!“ Der „Herr“ ist natürlich Jahwe. Durch die Zitierung des ersten Teils dieses Verses, deutet Markus darauf hin, dass Jesus die Erfüllung dessen ist, was Maleachi über Jahwe sagte. Markus kündigt das Evangelium an, welches darin besteht, dass Jahwe, der Herr, als Bote des Bundes gekommen ist. Aber, sagt Markus, Jahwe ist Jesus, der Herr.

Vom Römer 10,9-10 verstehen wir, dass Christen bekennen, dass „Jesus der Herr ist“. Der Kontext bis zu Vers 13 zeigt deutlich, dass Jesus der Herr ist, den alle Menschen anrufen müssen, um gerettet zu werden. Paulus zitiert Joel 2,32, um diesen Punkt zu betonen: „Jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, soll gerettet werden“ (V. 13). Wenn Sie Joel 2,32 lesen, können Sie sehen, dass Jesus von diesem Vers zitierte. Aber in der alttestamentlichen Passage heißt es, dass das Heil zu allen kommt, die den Namen Jahwes anrufen – den göttlichen Namen für Gott. Für Paulus ist es natürlich Jesus, den wir anrufen, um gerettet zu werden.

In Philipper 2,9-11 lesen wir, dass Jesus einen Namen hat, „der über alle Namen ist“, dass in seinem Namen „sich alle Knie beugen sollen“, und dass „alle Zungen bekennen werden, dass Jesus Christus der Herr ist“. Paulus basiert diese Aussage auf Jesaja 43,23, wo wir Folgendes lesen: „Ich habe bei mir selbst geschworen, und Gerechtigkeit ist ausgegangen aus meinem Munde, ein Wort, bei dem es bleiben soll: Mir sollen sich alle Knie beugen und alle Zungen schwören und sagen: Im Herrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke.“ Im Kontext des Alten Testaments ist dies Jahwe, der Gott Israels, der von sich selbst spricht. Er ist der Herr, der sagt: „Es ist sonst kein Gott außer mir.“

Doch Paulus zögerte nicht zu sagen, dass sich alle Knie vor Jesus beugen und alle Zungen ihn bekennen werden. Da Paulus nur an einen Gott glaubt, muss er Jesus irgendwie mit Jahwe gleichsetzen. Man mag daher die Frage stellen: Wenn Jesus Jahwe war, wo war dann der Vater im Alten Testament? Tatsache ist, dass beide, der Vater und der Sohn gemäß unserem trinitarischen Verständnis Gottes Jahwe sind, weil sie ein Gott sind (so wie auch der Heilige Geist). Alle drei Personen der Gottheit – Vater, Sohn und Heiliger Geist – teilen sich das eine göttliche Wesen und einen göttlichen Namen, der Gott, theos oder Jahwe heißt.

Der Hebräerbrief verbindet Jesus mit Jahwe
Eine der deutlichsten Aussage, die Jesus mit Jahwe, dem Gott des Alten Testaments, in Verbindung bringt, ist Hebräer 1, besonders die Verse 8-12. Aus den ersten paar Versen des Kapitel 1 geht klar hervor, dass Jesus Christus, als der Sohn Gottes, das Thema ist (V. 2). Gott „machte die Welt [das Universum]“ durch den Sohn und setzte ihn als „Erben über alles“ ein (V. 2). Der Sohn ist „der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens“ (V. 3). Er trägt alle Dinge „mit seinem kräftigen Wort“ (V. 3). Dann lesen wir in den Versen 8-12 Folgendes:

„Aber von dem Sohn: «Gott, dein Thron währt von Ewigkeit zu Ewigkeit, und das Zepter der Gerechtigkeit ist das Zepter deines Reiches. 1,9 Du hast geliebt die Gerechtigkeit und gehasst die Ungerechtigkeit; darum hat dich, o Gott, dein Gott gesalbt mit Freudenöl wie keinen deinesgleichen.» 1,10 Und: «Du, Herr, hast am Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk. 1,11 Sie werden vergehen, du aber bleibst. Sie werden alle veralten wie ein Gewand; 1,12 und wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, wie ein Gewand werden sie gewechselt werden. Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht aufhören.“

Als Erstes sollten wir beachten, dass das Material in Hebräer 1 von mehreren Psalmen stammt. Die zweite Passage in der Auswahl wird von Psalm 102,5-7 zitiert. Dieser Abschnitt in den Psalmen ist eine klare Bezugnahme auf Jahwe, dem Gott des Alten Testaments, dem Schöpfer all dessen, was existiert. In der Tat, der ganze Psalm 102 dreht sich um Jahwe. Doch der Hebräerbrief wendet dieses Material auf Jesus an. Es gibt nur eine mögliche Schlussfolgerung: Jesus ist Gott oder Jahwe.

Beachten Sie die oben in Kursivschrift gesetzten Worte. Sie zeigen, das der Sohn, Jesus Christus, in Hebräer 1 sowohl Gott als auch Herr genannt wird. Ferner sehen wir, dass Jahwes Beziehung zu dem Einen, der angesprochen wird, „o Gott, dein Gott“, war. Daher sind sowohl der Ansprechende als auch der Angesprochene Gott. Wie kann das sein, da es nur einen Gott gibt? Die Antwort liegt natürlich in unserer trinitarischen Erklärung. Der Vater ist Gott und der Sohn ist auch Gott. Es sind zwei der drei Personen des einen Wesens, Gott, oder Jahwe in der hebräischen Sprache.

In Hebräer 1 wird Jesus als Schöpfer und Erhalter des Universums dargestellt. Er „bleibt derselbe“ (V. 12), oder einfach „ist“, d.h. sein Wesen ist ewig. Jesus ist das exakte „Ebenbild“ des Wesens Gottes (V. 3). Daher muss er auch Gott sein. Es ist kein Wunder, dass der Verfasser des Hebräerbriefes Abschnitte nehmen konnte, die Gott (Jahwe) beschrieben und sie auf Jesus bezog. James White, drückt es in The Forgotten Trinity [Die vergessene Dreieinigkeit] auf den Seiten 133-134 wie folgt aus:

„Der Autor des Hebräerbriefes zeigt keine Hemmung, indem er diese Passage aus dem Psalter nimmt – eine Passage, die nur passend ist, den ewigen Schöpfergott selber zu beschreiben –, und ihn auf Jesus Christus bezieht… Was bedeutet es, dass der Autor des Hebräerbriefes eine Passage nehmen konnte, die nur für Jahwe anwendbar ist, und sie dann auf den Sohn Gottes, Jesus Christus, bezieht? Es bedeutet, dass sie kein Problem damit sahen, eine solche Identifikation zu machen, weil sie glaubten, dass der Sohn in der Tat die Inkarnation von Jahwe war.“

Jesu Präexistenz in den Schriften des Petrus
Schauen wir uns ein weiteres Beispiel an, wie die Schriften des Neuen Testaments Jesus mit Jahwe, dem Herrn oder Gott des Alten Testaments, gleichsetzen. Der Apostel Petrus nennt Jesus, den „lebendigen Stein“, der „von den Menschen verworfen wurde, aber bei Gott auserwählt und kostbar ist“ (1Pt 2,4). Um zu zeigen, dass Jesus dieser lebendige Stein ist, zitiert er die folgenden drei Abschnitte aus der Heiligen Schrift:

„«Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.» 2,7 Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar; für die Ungläubigen aber ist «der Stein, den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein geworden ist, 2,8 ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses»; sie stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt sind“ (1Pt 2,6-8). Die Ausdrücke stammen aus Jesaja 28,16, Psalm 118,22 und Jesaja 8,14. In allen Fällen beziehen sich die Aussagen auf den Herrn, oder Jahwe, in ihrem alttestamentlichen Kontext. So ist es z.B. in Jesaja 8,14 Jahwe, der sagt: „Sondern verschwört euch mit dem HERRN Zebaoth; den lasst eure Furcht und euren Schrecken sein. 8,14 Er wird ein Fallstrick sein und ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses für die beiden Häuser Israel, ein Fallstrick und eine Schlinge für die Bürger Jerusalems“ (Jes 8,13-14).

Für Petrus, wie für die anderen Autoren des Neuen Testamtens, ist Jesus also mit dem Herrn des Alten Testaments gleichzusetzen – Jahwe, dem Gott Israels. Der Apostel Paulus zitiert in Römer 8,32-33 ebenfalls Jesaja 8,14, um zu zeigen, dass Jesus der „Stein des Anstoßes ist“, über den die ungläubigen Juden stolperten.

Zusammenfassend: Für die Autoren des Neuen Testaments ist Jahwe, der Fels Israels, in Jesus, dem „Felsen“ der Kirche, Mensch geworden. So wie Paulus vom Gott Israels sagte: „Und [sie, die Israeliten] haben alle dieselbe geistliche Speise gegessen und haben alle denselben geistlichen Trank getrunken; sie tranken nämlich von dem geistlichen Felsen, der ihnen folgte; der Fels aber war Christus.“


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