Wandel in Herz und Sinn

Von Santiago Lange

Gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts erwachte der schwedische Chemiker Alfred Nobel eines Morgens und fand in der Zeitung seine eigene Todesanzeige. Darin hieß es: „Alfred Nobel, der Erfinder des Dynamits, der gestern verstarb, hat es technisch ermöglicht, in Kriegen weit mehr Menschen umzubringen als je zuvor. Er starb steinreich.“

In Wirklichkeit handelte es sich bei dem Verstorbenen um Alfreds älteren Bruder; ein Zeitungsreporter hatte einen schweren Fehler begangen. Den noch, die falsche Todesanzeige machte Alfred Nobel sehr nachdenklich. Was er da las, weckte in ihm den Wunsch, der Nachwelt nicht nur als Erfinder von Massenvernichtungsmitteln und als Kriegsgewinnler im Gedächtnis zu bleiben. Dies war – erraten – der kuriose Beginn des Friedensnobelpreises, der an Wissenschaftler und Autoren verliehen wird, die sich um den Frieden verdient gemacht haben. Nach diesem „Presse-Echo“ der ganz besonderen Art sagte Nobel: „Jedermann sollte die Chance bekommen, seinen eigenen Nachruf noch als Lebender zu berichtigen und neu zu schreiben.“

Wir alle werden eines Tages sterben, es sei denn, Christus kehrt vorher zurück. Auf jeden Fall müssen wir uns, bevor wir sterben, eine hochwichtige Frage stellen: Gibt es irgendwelche Bereiche in unserem Leben, in denen wir uns noch verändern sollten, ehe wir vor Gottes Richterantlitz treten? Diese Frage wiegt schwer, und ich möchte hier die These vertreten: Als wiedergeborene Gläubige sollten wir eine solche kritische Bestandsaufnahme unseres geistlichen Lebens regelmäßig vornehmen. In meinem kurzen Artikel möchte ich vier Punkte zum Thema „Wandel“ zur Debatte stellen.

1. Gott erwartet Veränderungen von uns
In 2. Korinther 5,17 lesen wir: „Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“ Wenn wir Christ werden, werden wir eine neue Kreatur; an die Stelle unserer alten Lebensweise sollte eine neue Lebensweise treten. Ein Wandel sollte stattfinden. Ein ganz „neuer Mensch“ sollten wir werden, was bedeutet, dass unser Denken sich ändern sollte, dass unser Verhalten sich ändern sollte und dass unsere Verpflichtungen sich ändern sollten. Alles soll sich wandeln, das dem neuen Leben nicht gerecht wird, dem Leben, das wir nach Gottes Willen führen sollen. Die Veränderung, die Gott uns abverlangt, ist keine Einmal-Veränderung nur bei der Bekehrung. Die Bibel lehrt ein fortwährendes Umformen unseres Lebens auf größere Christusähnlichkeit hin. Wie der Apostel Johannes in 1. Johannes 2,6 schreibt: „Wer sagt, dass er in ihm bleibt, der soll auch leben, wie er [Jesus] gelebt hat.“ Wir wissen, dass dies ein Ideal ist, das in 100%iger Form nicht erreicht werden kann. Johannes setzt es uns als anzustrebendes Ziel: dass wir privat, beruflich, in jedem Lebensbereich möglichst so reden, handeln und denken wie Jesus; Jesus ist das vollkommene Vorbild, dem wir unser christliches Leben nachgestalten sollen. Gott möchte, dass wir unser Leben ändern, damit wir dem von ihm gewollten Menschenbild immer ähnlicher werden. Dazu ein zweiter wichtiger Punkt:

2. Wir können uns ändern
„Schlimmster Gefängnisinsasse in ganz Texas“, diesen Titel hatte sich Clyde Thompson wohlverdient. Doppelmörder mit 17 Jahren, wurde er zum jüngsten Texaner, den man je zum Tode verurteilt hat. Sechs Stunden vor seiner Hinrichtung wandelte man die Todesstrafe in lebenslänglich um. In der Folge unternahm Thompson drei vergebliche Ausbruchsversuche und brachte danach zwei weitere Menschen – Mithäftlinge – um. Nun wurde er als unverbesserlich eingestuft und wanderte in die Einzelzelle. Doch nach 28 Jahren wurde er aus der Haft entlassen. Sein restliches Leben verbrachte er als Seelsorger. Im Jahr 1979 ist er eines natürlichen Todes gestorben.

Was hat ihn so verändert? Nun, ein Wärter gab ihm eine Bibel als Lesestoff, und Jesus kam in sein Leben. Ein vierfacher Mörder und Einzelhäftling wandelte sich von Grund auf. Da frage ich mich, ob nicht auch Hoffnung für uns besteht. Wenn Clyde Thompson sein Leben derart umgestalten konnte, können wir unseres nicht auch ändern? Änderung ist möglich durch Christus. Im Neuen Testament hat Christus vielen Menschen zum Wandel verholfen.
• Paulus wandelte sich vom Verfolger der Kirche zum glühenden Verfechter der Kirche.
• Petrus wandelte sich vom Fischer zum Menschenfischer.
• Matthäus wandelte sich vom korrupten Steuereintreiber zum angesehenen Apostel.
• Zachäus wandelte sich von einem Betrüger zu einem Mann, der sein halbes Vermögen den Armen schenkte.

Wenn wir unser Leben verändern wollen, dann ist Veränderung möglich. Es gibt Hoffnung auf einen neuen Anfang und eine neue Lebensweise. Wenn wir wissen, dass wir Veränderungen vornehmen müssen, dann können wir es mit Gottes Hilfe schaffen. Wenn wir uns einmal überlegen, welche Veränderungen denn unserer Meinung nach in unserem Leben nötig sind, was fällt uns da meistens ein? In erster Linie wohl äußerliche Umstellungen. Etwa a) häufiger Kranke besuchen; b) regelmäßiger die Bibel lesen; c) öfter in die Kirche gehen. Diese Veränderungen sind gut und notwendig, doch Gott verlangt uns mehr ab als nur äußerlichen Wandel, er will, dass wir uns auch innerlich ändern! Das bringt mich zum dritten Punkt.

3. Gott will, dass wir uns im Herzen ändern
Unser Herz ist Gott wichtig. Was ist das Herz? Das Herz steht im biblischen (und noch im heutigen) Sprachgebrauch für Seele und Sinn. Es ist die Grundlage unseres Denkens, unserer Leidenschaften, Begierden, Neigungen, Gefühle, Pläne und Unternehmungen. Gott will, dass nicht nur die äußere Erscheinung und das Handeln, sondern auch unser Herz im Reinen mit ihm ist. In 1. Samuel 16 befiehlt Gott Samuel, zum Haus des Isais zu gehen und einen seiner Söhne zum nächsten König von Israel zu salben. Samuel sah Eliab, einen der Söhne Isais, und dachte: „Fürwahr, da steht vor dem HERRN sein Gesalbter.“ Greifen wir die Geschichte in Vers 7 auf. 1. Samuel 16, 7: „Aber der HERR sprach zu Samuel: Sieh nicht an sein Aussehen und seinen hohen Wuchs; ich habe ihn verworfen. Denn es ist nicht so, wie ein Mensch es sieht. Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.“

Das Herz ist es, das in Gottes Augen den Ausschlag gibt. Im Neuen Testament tadelt Jesus die Pharisäer und religiösen Führer wegen ihres äußerlichen Anscheins der Frömmigkeit und Heiligkeit und ihrer inneren Gottferne.

Matthäus 23,27-28: „Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr seid wie die übertünchten Gräber, die von außen hübsch scheinen, aber innen sind sie voller Totengebeine und lauter Unrat! So auch ihr: Von außen scheint ihr vor den Menschen gerecht, aber innen seid ihr voller Heuchelei und missachtet das Gesetz.“

Es kommt also darauf an, wie es „drinnen aussieht“. Ist unser Herz „im Reinen mit Gott“? Das ist die Frage, die wir uns stellen müssen. Wenn Bitterkeit in uns wohnt, Hass, Zorn, ein unversöhnliches Wesen, sexuelle Unmoral, Neid und Eifersucht, wenn wir fortwährend Mitmenschen kritisieren oder wenn wir irgendeine andere Sünde in unserem Leben haben, dann ist unser Herz des Wandels bedürftig; und wenn es des Wandels bedürftig ist, dann lautet die gute Nachricht, dass wir dieses „Herzleiden“ kurieren können. Unser Herz kann erneuert, kann geistlich behandelt werden. Hier der vierte Punkt.

4. Wie können wir unser Herz so verändern, dass es Gott gefällt?
Das erste, was wir tun müssen, ist, Gott um Beistand zu bitten. Da wir sündige Menschen sind, können wir die Art Herz, die Gott für uns will, nicht aus eigener Kraft schaffen. David er kannte dies, als er in Psalm 51,12 schrieb: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, beständigen Geist.“ Wir müssen uns im Gebet an Gott wenden und ihn bitten, unser Herz zu wandeln. Als Saul, zum König gesalbt, „sich wandte, um von Samuel wegzugehen, gab ihm Gott ein anderes Herz“ (1. Sam 10,9-10). Gleichgültig, wie gottfern eines Menschen Herz ist: Gott kann es ändern.

Vor einigen Jahren, in der Badeanstalt der Columbia Correctional Institution (einem Zuchthaus) in den USA, beschloss der Psychopath, Serienmörder, Leichenschänder und Kannibale Jeffrey Dahmer, Jesus als Herrn und Heiland anzunehmen. Nach einem Bericht der Lokalzeitung Christian Chronicle sah eine Frau, Mary Mott, Dahmer in einer Fernsehsendung, in der er darüber sprach, dass er „Frieden“ in seinem Leben brauchte. So schickte ihm Mary einen Bibellehrgang und eine Bibel. Mary Mott erzählt, dass Dahmer den Lehrgang mit Erfolg durchging und an sie zurückschickte mit einem Brief, in dem er Interesse äußerte, getauft zu werden. Mehrere Tage später vollzog Roy Ratcliff, ein evangelikaler Pastor, die Zeremonie. Nach der Taufe hatte Dahmer, wie der Seelsorger erzählt, „viel Freude im Herzen. Er war sehr glücklich, freute sich zutiefst.“ Einige Wochen später bestellte Dahmer Kopien bestimmter Bibeltraktate für seine Mithäftlinge, weil er anfangen wollte, die anderen Gefangenen zu missionieren.

Hat Jeffrey Dahmer in seinem Herzen wirklich mit Gott Frieden geschlossen? Ich weiß es nicht. Wir sollten nicht versuchen, Dahmers ungeheure Sünden kleinzureden, aber wir sollten trotzdem auch bereit sein zu akzeptieren, dass jeder, der ein Christ ist und sich ernsthaft zu Gott bekennt, gerettet werden kann. Wenige Monate nach seinem Bekehrungserlebnis wurde Dahmer im Gefängnis von einem anderen Häftling umgebracht. Hat Gott die Kraft, auch das verhärmteste Herz zu wandeln? Eindeutig ja. Kann Gott unser Herz wandeln? Ja, aber wir müssen ihn um Bei stand bitten. Zweitens müssen wir, um einen Herzenswandel zu bewirken, unsere chronischen sündigen Verhaltensmuster loswerden. Manche Menschen haben einen sehr hohen Cholesterinspiegel und brauchen Medikamente, um ihn auf ungefährliche Werte herabzudrücken. Der Grund, warum Ärzte in diesen Fällen Medikamente verschreiben, ist, dass Cholesterin sich in den Arterien festsetzen und Herzinfarkte verursachen kann. Ähnlich kann Sünde, wie Cholesterin, die Adern unseres geistlichen Herzens verstopfen. Deshalb müssen wir uns bemühen, sie loszuwerden. Jesaja 59,2 hat als Kernaussage, dass Sünde uns von Gott trennt. Regiert die Sünde in unserem Herzen und unserem Leben, entfremden wir uns von Gott. Wir haben ein „Herzleiden“, wenn die Sünde in unserem Leben herrscht. Was also sollten wir tun? Wir sollten Gott unsere Sünden bekennen.

„Wenn wir aber unsere Sünden bekennen“ , so verheißt 1. Johannes 1,9, „so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“ Wir können unsere Sünden vor Gott nicht verbergen, wir sollten sie vor ihm eingestehen. Wann sollten wir unsere Sünden bekennen? Im Idealfall gleich, nachdem wir sie begangen haben um unser Herz zu wappnen, zu „behüten“ vor der Sünde. Im Buch der Sprüche heißt es: „Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus quillt das Leben“ (4,23). Wir sollten keine Übertretung begehen und die Sünde dann den ganzen Tag in uns wohnen lassen. Nein, wir sollten unser Herz behüten vor jedweder Sünde, die sich darin einzunisten sucht! So wie eine Bank sich mit Wachleuten und Sicherungsanlagen schützt, damit niemand kommt und das Geld stiehlt, sollten wir unser Herz mit einem Sicherheitskordon schützen, indem wir Versuchungen widerstehen und der Sünde nicht gestatten, einzubrechen und an unsere Schätze zu kommen. Wir sollten uns abkehren von unseren Sünden und uns nach Kräften bemühen, das, was Gott uns verbietet, nicht mehr zu tun. In Hesekiel 18,21-23 verheißt Gott: „Wenn sich aber der Gottlose bekehrt von allen seinen Sünden, die er getan hat, und hält alle meine Gesetze und übt Recht und Gerechtigkeit, so soll er am Leben bleiben und nicht sterben. Es soll an alle seine Übertretungen, die er begangen hat, nicht gedacht werden, sondern er soll am Leben bleiben um der Gerechtigkeit willen, die er getan hat. Meinst du, dass ich Gefallen habe am Tode des Gottlosen, spricht Gott der HERR, und nicht vielmehr daran, dass er sich bekehrt von seinen Wegen und am Leben bleibt?“

Diese Stelle lehrt: Wenn wir uns abkehren von unseren Sünden, dann vergibt uns Gott und rechnet uns unsere Sünden nicht mehr an. Ist das nicht wunderbar? So voller Liebe ist unser Gott. Wenn wir unsere chronischen sündigen Verhaltensmuster ablegen, hat unser Herz wieder freien Zugang zu Gott. Gott will, dass wir unser Leben immer weiter umformen. Er meint aber nicht nur eine Umstellung im Äußerlichen, er meint vor allem auch einen Herzenswandel, denn das Herz ist es, auf das er vor allem schaut. Bewirken können wir den Herzenswandel nur dadurch, dass wir uns an Gott wenden und ihn im Gebet um Beistand bitten, denn Gott ist der einzige, der wirklich unser Herz wandeln kann. Wir können Gottes Gnade suchen. Unser Vater im Himmel liebt uns zutiefst und will uns seine Barmherzigkeit erweisen. Jetzt, im physischen Leben, werden wir im Denken und Handeln nie Vollkommenheit erreichen, aber Christus gleicht all unsere menschlichen Schwächen für uns aus. Wir müssen nur Christus als unseren Heiland und Herrn in unser Leben kommen lassen. So frage ich noch einmal: „Welche Veränderungen sollten wir noch anstreben, ehe wir vor Gottes Richterantlitz treten?“

Stellen wir uns einen Skispringer vor. Er scheint gut gestartet zu sein, er saust die Schanze hinunter, doch dann, ohne ersichtlichen Grund, lässt er sich seitwärts von der Schanze fallen, stürzt über das Geländer hinunter in den Schnee. Was die Zuschauer nicht wissen, ist, dass der Springer diesen „Seiten“sprung bewusst getan hat. Die Schanze war nämlich zu schnell geworden, auf halbem Wege merkte der Springer, dass er bei regulärem Sprung jenseits des kritischen Punktes gelandet wäre, dort, wo der Auslauf sich schon abflacht und der Landeaufprall viel zu hart, vielleicht tödlich gewesen wäre. So trug er nur Kopfschmerzen von seinem Sturz in den Schnee davon. Die Moral von der Geschicht’: Den Lebenskurs zu ändern, kann ein einschneidendes und manchmal schmerzhaftes Unterfangen sein, aber Veränderung ist besser als eine fatale Bruchlandung am Schluss.


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