Hesekiel –
dunkelste Stunden und strahlendes Morgenlicht
War der Prophet Hesekiel der erste Ufologe? Warum bestanden einige jüdische Gruppen darauf, dass sein Buch nur mit Unterweisung eines Rabbiners gelesen werden durfte? Es genügt nicht, es nur beiläufig zu lesen, denn sein Inhalt enthält eine wunderbare Botschaft, die auch uns heute in Aufregung versetzt.
Hesekiel ist bekannt als „der Prophet der Visionen“, sein Buch ein „Labyrinth der Geheimnisse“. Nur wenige Bücher sind so missverstanden und falsch ausgelegt worden. Seine 48 Kapitel umfassenden Abhandlungen mit feurigen Rädern, Wehklagen, Totenklagen und Knochenhaufen wurden nach den Worten eines wohlwollenden Kommentators als „wilde und wundersame Dinge“ abgetan.
Dennoch wurde er als Prophet in den jüdischen Kanon aufgenommen. Die Verfasser der Evangelien haben Hesekiels bekannten „Menschensohn“ auf Jesus übertragen. Wenn wir versuchen zu verstehen, was Hesekiel für die Menschen seiner Zeit bedeutete, können wir seine hoffnungsvolle und mächtige Botschaft besser nachvollziehen.
Es lohnt sich, sein Buch genau zu studieren, und wir tun dies mit der festen Absicht, zu „entschlüsseln“, was seine Visionen, Gleichnisse und Lebenserfahrungen für die Menschen bedeuteten, die sie zuerst hörten.
Hesekiel schrieb sein Buch zirka 593-573 v. Chr. Nur wenige Bücher werden so übereinstimmend und häufig auf die Gefangenschaft der Bewohner Jerusalems im Jahr 597 v. Chr. datiert (Hes 1,2). Seine ursprüngliche Zuhörerschaft war eine Gemeinschaft jüdischer Exilanten aus Juda und Jerusalem, die von den grimmigen Babyloniern über Jahrzehnte hinweg in die Gefangenschaft verschleppt wurden. Während er zweifellos noch unter dem Schock der traumatischen Erfahrung der Gefangenschaft stand, begann Hesekiels prophetische Vorstellungskraft sich angesichts der Visionen und Aufgaben, die Jahwe, der Gott Israels, ihm gezeigt hatte, zu entfalten.
Dies ist der entscheidende Hintergrund zu Hesekiel Kapitel 1.
Hesekiel brauchte dringend die Gewissheit, dass er von Gott Jahwe selbst berufen worden war. Und er bekam sie auch: „Im dreißigsten Jahr am fünften Tage des vierten Monats, als ich inmitten der Verschleppten am Fluss Kebar war, tat sich der Himmel auf, und ich sah Erscheinungen Gottes“ (1,1). Er erzählt uns, dass er selbst ein 30-jähriger Sohn eines Priesters war. Mit 30 Jahren begannen die Priester ihren Dienst im Jerusalemer Tempel (4. Mose 4,3), aber Hesekiel war weit weg in Babylon, dem heutigen Irak.
Und doch rief Gott ihn zum Dienst. „Dort kam die Hand des HERRN über ihn“ (1,3).
Gott gab ihm eine Vision von den Cherubim, den engelhaften Begleitern des Gottes Israels. Das ermutigte ihn schon früh zu dem Gedanken, dass Gott mit Israel noch nicht fertig war. Brauchte der wahre Gott einen Tempel, um seine Absichten zu verwirklichen? Offensichtlich nicht. Der allgegenwärtige Gott war immer noch am Werk, und er konnte überall „auftauchen“. Dies war Teil von Hesekiels hoffnungsvoller Botschaft. Er malte ihnen eine überwältigende Vision eines mächtigen, transzendenten Gottes, der einen noch prächtigeren Tempel für seine wahren Anbeter plant (Hes 40-48).
Doch die Menschen sind entmutigt, hartherzig und hadernd. Sie klammern sich immer noch an die hartnäckige Hoffnung, dass das sündengeplagte Jerusalem dort in Palästina noch Bestand haben wird. Hesekiel weiß es anders. Wegen ihrer törichten Rebellion wird Jerusalem schließlich von den Babyloniern dem Erdboden gleich gemacht, genau wie Gottes Mann in Jerusalem, der Prophet Jeremia, sie gewarnt hatte. Der junge Hesekiel wird es schwer haben, mit dieser Einstellung weiterzukommen, aber sein Gott war mit ihm. Sein Name erzählt die Geschichte seines Lebens – (abgeleitet von jechäsqel = „Gott macht stark/fest“). Ihre Köpfe waren hart, aber Gott rüstet seinen Diener immer aus, um durchzuhalten (Hes 3,4-9) – eine weitere Lektion aus diesem Buch.
„Hesekiel verwendet fast jede Art von literarischen Mitteln und Bildern, um die Botschaften von Gericht und Segen anschaulich zu vermitteln: Traumvisionen (Kapitel 1-3; 8-11); apokalyptische Literatur (37,1-14; 40-48); Drama (4-5, 12); Allegorie, Gleichnis, Sprichwörter (16,44, 18,2); und Klagelieder (19; 27-28; 32). Die häufigen rhetorischen Fragen und sich wiederholenden Aussagen verstärken die Lebendigkeit und Stärke der Prophezeiungen“ (Expositors Commentary , Band 6, Seite 745).
The Word Biblical Commentary erläutert sieben seiner Zeichenvisionen, vom Ziegelstein und der Eisenplatte in Hesekiel 4,1-3 bis zum Gleichnis vom bizarren Barbier in Hesekiel 5,1-4. William H. Brownlees kommentiert:
„Er verfügte über ein großes Repertoire ... Symbolische Pantomimen stellten den kommenden Untergang (Kapitel 4-5; 1211-7; 24,1-14) und die kommende wiedervereinigte Nation (37,15-23) dar. Seine lebhafte und farbenfrohe Vorstellungskraft fand ihren Ausdruck in der Poesie, insbesondere in seinen Gleichnissen (Kapitel 15-17; 19; 23,27). Viele seiner Prophezeiungen waren poetisch und wurden wahrscheinlich gesungen“ (Word Commentary: Band 28, Seite xxv).
Hesekiel veranschaulicht sehr gut Hebräer 1,1, wo es heißt, dass „Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten“. Sein Buch ist ein literarischer Schatz.
Hesekiel gehörte zu denen, die 604 v. Chr. deportiert wurden (2. Kön 24,16), und S. Fisch berichtet uns, dass es noch in den 1800er Jahren ein Dorf in der Nähe des Schiffskanals am Euphrat gab, das als „Kafir al-Kilfil“ – arabisch für Hesekiel – bekannt war. Es wurden Tafeln gefunden, auf denen die 48 Kapitel von Hesekiel eingraviert sind, und sie könnten tatsächlich echt sein. Gott wählte einen begabten Leviten, um seine Worte aufzuzeichnen. Er skizziert geschickt die Cherubim mit vier Gesichtern und voller Augen auf der Vorder- und Rückseite. Dies stellte Gottes Allwissenheit dar, seine Fähigkeit, alles zu sehen, was vor sich geht. Die Räder standen für Gottes Allgegenwart, für die Eigenschaft, überall gleichzeitig zu sein.
Die Priester in Jerusalem sahen die Cherubim auf dem Tempelvorhang, den Salomo hatte anfertigen lassen. Das ermutigte Hesekiel sehr. Gott war immer noch am Werk. Gott ist der Herr über Zeit und Raum. Geografie und nationale Grenzen bedeuteten ihm nichts. Dies ist eine weitere von Hesekiels implizierten Lektionen. Er hat eine sehr große Hochachtung vor der Herrlichkeit Gottes.
Hesekiel hat manchmal Mühe, sein Gefühl für die göttliche Gegenwart in menschlicher Sprache auszudrücken. Stuart Briscoe sagt: „Er versuchte, eine Vision Gottes, die viele seiner göttlichen Eigenschaften enthielt, mit Worten zu beschreiben, die nicht in der Lage waren, die wirkliche Bedeutung zu vermitteln... Es war, als hätte er Beethoven zum ersten Mal gehört... und dann versucht, die fünfte Symphonie des Komponisten auf einer Blechflöte zu spielen.“
So heißt es zum Beispiel in Hesekiel 1,18: „Ihre Felgen waren hoch und furchterregend.“
Die Propheten machen so deutlich, dass Gott in seiner Herrlichkeit nicht durch menschliche Worte und Darstellungen erfasst werden kann, wie der Apostel Paulus später den Griechen sagen wird (Apg 17,29). Das ist ein Grund, warum Gott in der Person Jesus Christus Mensch geworden ist, um uns umfassend zu offenbaren, wie er ist.
Mit Kapitel 3,10-15 beginnt Hesekiel. Er wird vom Geist ergriffen und inmitten einer Gruppe von Gefangenen ausgesetzt. Dort sitzt er sieben Tage lang „überwältigt“ – vielleicht ist er noch mit den Nachwirkungen der Vision beschäftigt oder fragt sich, wie es weitergehen soll. Er weiß, dass für diejenigen, die die Hoffnung hegen, dass Gott Jerusalem verschonen wird, noch Schlimmeres bevorsteht. Jerusalem hängt immer noch an einem seidenen Faden. Die Ereignisse in Hesekiel 24,1-2, 26-27 künden von der endgültigen Belagerung Jerusalems, als der Tempel fällt und alle Hoffnung auf ein Leben in Freiheit zunichtegemacht erscheint.
Kapitel 24 ist in der Tat ein Dreh- und Angelpunkt des Buches. Es trennt Hesekiels 48 Kapitel und seinen Dienst klar voneinander ab. Bei seinem Versuch, die starrköpfigen Gefangenen auf einen neuen Tempel, ein neues Jerusalem, ein neues Herz und einen neuen Geist hinzuweisen, ist Hesekiel auf Widerstand gestoßen. Er musste eine schlechte Nachricht überbringen. Aber tief in seinem Inneren weiß er, dass Enttäuschungen bei Gott zu seinem Auftrag gehören. Überraschenderweise beginnt Hesekiel nach dem endgültigen Todeskampf Jerusalems im Jahr 586 v. Chr., optimistisch und hoffnungsvoll zu werden. Er zeigt den Flüchtlingen, dass die dunkelste Stunde vor der Morgendämmerung liegt. Fast unglaublich für seine Zuhörer lehrt er, dass sie in das Land zurückkehren werden und dass es einen neuen Tempel, ein neues Land, eine neue Priesterschaft und einen neuen Bund geben wird.
Hesekiel hatte große Anstrengungen unternommen, um Jerusalems Untergang darzustellen. Er fertigte winzige Gebäudemodelle an, stellte pantomimisch dar, wie sich Gefangene unter den Fundamenten eingraben, um zu entkommen, und er aß Hungerrationen (Hes 4). In Hesekiel 10 zeigte er, wie die Herrlichkeit Gottes symbolisch aus dem Tempel verschwand. Schlimmer kann es für einen Israeliten nicht werden. Und doch beginnt Hesekiel inmitten all diesem, Hoffnung zu schöpfen. Der ganze Zweck ihrer nationalen Bestrafung ist in dem immer wiederkehrenden Satz „Sie sollen erkennen, dass ich der HERR bin“ enthalten.
So gibt es inmitten der schrillen Töne des Gerichts Hoffnungsschimmer der Gnade. Wenn das Volk seine Lektion gelernt hat, wird es ein neues Herz und einen neuen Geist bekommen (Hes 11,19). So wird Hesekiel zum Propheten des Neuen Bundes, wie schon Jeremia vor ihm (Jer 31,31). Kein Wunder, dass die christliche Kirche diese Botschaften bewahrt und gehütet hat.
Nachdem Hesekiel Jerusalems sündige Eskapaden beschrieben und den Fall der Stadt geschildert hat, beginnt er nun, gegen die feindlichen Völker zu sprechen, die Jerusalem ein Stachel im Fleisch waren. Die Nachbarn Judas – die Ammoniter, Moabiter, Edomiter und Philister – werden in Hesekiel 25 herausgegriffen. Hesekiel 26-28 und 29-32 sind Blöcke sehr anschaulicher Prophezeiungen gegen zwei der großen Mächte jener Zeit – Tyrus, die Basis des mächtigen phönizischen Reiches, und das hochmütige Ägypten. Das Gebirge Seïr und Edom werden in Kapitel 35 erneut getadelt, denn Edom ist Israels Bruder und sollte es besser wissen.
Dann kommt es zu einem großen Umschwung.
Inmitten dieser erschütternden Reihe von schrecklichen Prophezeiungen wird Hesekiel erneut beauftragt. Juda ist gefallen, Babylon hat Jerusalem dem Erdboden gleichgemacht, die Juden sind in bitterer Gefangenschaft, aber ... das bedeutet nicht, dass Gott sein Volk vergessen hat. Der Optimismus beginnt, die Erzählung zu überlagern. Hesekiel erhält den Auftrag, als Wächter Gottes Worte an das Volk weiterzugeben und eine nationale Erneuerung vorzubereiten.
„Gott wird Jerusalem wieder aufbauen“, beginnt Hesekiel zu verkünden. Erneut erinnert er das Volk an das Angebot Jahwes, einem wiederhergestellten Volk ein neues Herz und einen neuen Geist zu geben. Diese Verheißung bildet den Rahmen für die beeindruckende Vision vom Tal der verdorrten Gebeine (Hes 37). Obwohl dieses Kapitel Anklänge an die zukünftige Auferstehung der Christen enthält, ist die ursprüngliche Botschaft klar: Das Volk wird wieder leben. Babylon, der große Friedhof der Nationen, wird Gottes Pläne für sein Volk nicht vereiteln.
„Denn ich will euch aus den Völkern herausholen und euch aus allen Ländern sammeln und wieder in euer Land bringen, und ich will reines Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet; von all eurer Unreinheit und von allen euren Götzen will ich euch reinigen. … Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun“ (Hes 36,24-27).
Obwohl sich dies vor allem in der christlichen Kirche mit dem Kommen Jesu und der Apostel erfüllt, ist die Lehre für Hesekiels Zuhörer klar: Israel wird wieder leben. Sie tun es immer noch!
„Die Propheten waren erstaunlich gut informiert“, sagt Professor Paul Dionne von der Universität Toronto. Das zeigt sich in Hesekiels detaillierter Beschreibung des mächtigen Tyrus als ein kompliziert geformtes, aber dem Untergang geweihtes Schiff. Ähnlich verhält es sich mit den geheimnisvollen Kapiteln über Gog in Hesekiel 38-39. Manche sehen darin eine überspitzte „Traumvision“ des mächtigen Königs Gyges von Lydien (in der heutigen Türkei), den man sich als den besten Kandidaten für Hesekiels Gog vorstellen kann. Aber vor allem das späte Erscheinen von Magog, Tubal und Meschech im hohen Norden – Nationen, die als weit entfernt vom Heiligen Land angesehen werden –, die nach ihrer vernichtenden Niederlage endlich den HERRN erkennen (38,23), passt sehr gut zum Gesamtthema des Buches.
Die gesamte Sequenz entspricht dem Traum-Visionen-Stil der Prophezeiung, einer Mischung aus historischer Realität und Vision. Das Heer Gogs, das über das wehrlose Israel herfällt, und das vernichtende Eingreifen Gottes, demzufolge es sieben Monate braucht, um die Opfer zu begraben, stehen dem „apokalyptischen“ Schreibstil nahe. In der Apokalyptik, wie sie in Büchern wie Daniel und der Offenbarung usw. zu finden ist, besteht die Stilistik darin, einen einfachen Punkt durch Übertreibung zu verdeutlichen, und zwar nicht zum Zwecke der Verzerrung, sondern um eine Lektion unvergesslich zu machen.
Die Apokalyptik führt uns von einem stummen Schwarz-Weiß-Film in eine brillante Dolby-Surround-4K-Color-Vorführung. Die Lektion hier – die zum Ende des Buches passt – ist, dass Jahwe der Garant für Israels Sicherheit sein wird. Die Vision scheint zu dem zu passen, was viele als das messianische Zeitalter bezeichnen (Anchor Bible Dictionary , Band 2, Seite 1056), aber auch hier dreht sich alles um Frieden und Sicherheit.
Das ist vielleicht der Grund, warum Hesekiels Tempelvision zu keinem Bauwerk passt, das Israel oder eine andere Nation errichtet hat. Wie L. John McGregor lehrt, „hat sie eine Mischung aus dem Idealen und dem Realen“ – keine übernatürliche, sondern eine HÖCHST-natürliche Bedeutung jenseits von Zeit und Raum. Die wunderbare Vision von den heilenden Wassern, die aus dem neuen Tempel in Hesekiel 47 fließen, geht in diese Richtung. Jesus wendet dies in Johannes 7,37 auf sich selbst an. Mit diesen letzten Kapiteln befinden wir uns also in einer anderen Welt, wie es scheint, einer Welt, die viele jüdische und christliche Kommentatoren als das messianische Zeitalter oder das Reich Gottes bezeichnen, ein Hinweis darauf, dass Gott seine Herrschaft über die Erde wiederherstellt, die mit dem irdischen Wirken Jesu bereits begonnen hat.
Wie wörtlich wir solche Visionen nehmen sollen, ist bis heute umstritten. Was klar zum Ausdruck kommt, ist die Verheißung von Gottes Souveränität, die die zukünftige Sicherheit all derer garantiert, die sich ihm zuwenden und ein neues Herz und einen neuen Geist empfangen. Hesekiels letzte Worte sind „Jahwe Schammah“ – „Hier ist der HERR“ (Hes 48,35), und viele Christen sehen in dieser Vision eine Ergänzung zum Ende des Buches der Offenbarung, wo die Völker in einem neuen Himmel und einer neuen Erde in Frieden zusammenleben – eine Vision, die alles übersteigt, was unser menschlicher Verstand sich vorstellen kann.
All das macht die Schriften Hesekiels zu einem Buch von morgen! ❏