Die Bergpredigt – Matthäus 5 bis 7
Von Dr. Michael Morrison

Teil 1 – Matthäus 5

Selbst Nichtchristen haben von der Bergpredigt gehört. Christen hören viele Predigten darüber, jedoch gibt es Abschnitte, die schwer verständlich sind und die sie deshalb im Leben nicht richtig anwenden können.

John Stott hat es so ausgedrückt: „Die Bergpredigt ist vermutlich der bekannteste Teil der Lehren Jesu, aber wohl auch der am wenigsten verstandene und sicherlich der am wenigsten befolgte“ (Die Botschaft der Bergpredigt, pulsmedien Worms 2010, Seite 11).

Lassen Sie uns erneut die Bergpredigt studieren. Vielleicht finden wir neue Schätze und erinnern uns auch wieder an die alten.

Die Seligpreisungen
„Als er [Jesus] aber das Volk sah, ging er auf einen Berg und setzte sich; und seine Jünger traten zu ihm. Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach“ (Mt 5,1-2). Wie so oft, ist ihm die Menschenmenge wahrscheinlich gefolgt. Die Predigt war nicht nur für die Jünger bestimmt. Deshalb wies Jesus die Jünger an, seine Lehren in der ganzen Welt zu verbreiten und Matthäus schrieb sie auf, damit über eine Milliarde Menschen sie nachlesen können. Seine Lehren sind für jeden bestimmt, der willens ist, sie anzuhören.

Als Erstes kommen die Seligpreisungen:
„Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich“ (V. 3). Was bedeutet es, „ geistlich arm“ zu sein? Geringes Selbstbewusstsein haben, an geistlichen Dingen kaum interessiert sein? Nicht unbedingt. Viele Juden bezeichneten sich als „ die Armen”, denn sie waren oft arm und sie verließen sich auf Gott, dass er für ihre täglichen Bedürfnisse sorgt. Somit mag Jesus die Treuen gemeint haben.

Doch „geistlich arm“ zu sein, deutet auf mehr hin. Arme Leute wissen, dass es ihnen am Nötigsten fehlt. Die geistlich Armen wissen, dass sie Gott brauchen; sie fühlen einen Mangel in ihrem Leben. Sie denken nicht von sich, Gott einen Gefallen zu tun, indem sie ihm dienen. Jesus sagt, das Himmelreich werde solchen Menschen – wie ihnen – zuteil. Es sind die Demütigen, die Abhängigen, denen das Himmelreich gegeben wird. Sie vertrauen allein auf Gottes Barmherzigkeit.

„Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden“ (V. 4). Diese Aussage enthält eine gewisse Ironie, denn das Wort „selig“ kann auch „glücklich“ bedeuten. Glücklich sind die Traurigen, sagt Jesus, denn zumindest tröstet es sie, zu wissen, dass ihre Nöte nicht von Dauer sind. Alles wird zurechtgebracht werden. Man beachte, dass es sich bei den Seligpreisungen nicht um Gebote handelt – Jesus sagt nicht, es sei geistlich von Vorteil, Leid zu tragen. In dieser Welt tragen bereits viele Menschen Leid und Jesus sagt, dass sie getröstet werden sollen – wahrscheinlich beim Kommen des Himmelreiches.

„Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen“ (V. 5). In antiken Gesellschaften hat man oft den Sanftmütigen das Land weggenommen. Aber nach der Vorgehensweise Gottes wird auch das zurechtgebracht werden.

„Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden“ (V. 6). Diejenigen, die sich nach Recht und Gerechtigkeit sehnen (das griechische Wort bedeutet beides), werden erhalten, wonach es sie verlangt. Jene, die unter dem Bösen leiden und wollen, dass Dinge zurechtgebracht werden, sollen belohnt werden. In diesem Zeitalter leidet Gottes Volk unter dem Unrecht; wir sehnen uns nach Gerechtigkeit. Jesus versichert uns, dass unsere Hoffnungen nicht vergebens sein werden.

„Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen“ (V. 7). Wir bedürfen der Barmherzigkeit am Tage des Jüngsten Gerichts. Jesus sagt, dass wir deshalb in dieser Zeit Barmherzigkeit üben sollen. Das steht im Widerspruch zum Verhalten derjenigen, die Recht fordern und andere betrügen oder die Barmherzigkeit fordern, aber selbst unbarmherzig sind. Wenn wir ein gutes Leben haben wollen, dann müssen wir uns auch dementsprechend verhalten.

„Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen“ (V. 9). Ein reines Herz hat nur ein Verlangen. Diejenigen, die allein nach Gott suchen, werden sicher sein, dass sie ihn finden. Unser Verlangen wird belohnt werden.

„Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen“ (V. 9). Die Armen werden ihr Recht nicht mit Gewalt durchsetzen. Gottes Kinder verlassen sich auf Gott. Wir sollten Barmherzigkeit und Mitmenschlichkeit zeigen, nicht Zorn und Zwietracht. Wir können nicht einträchtig im Reich der Gerechtigkeit leben, indem wir ungerecht handeln. Da wir uns den Frieden des Reiches Gottes wünschen, sollten wir auch in friedfertiger Weise miteinander umgehen.

„Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich“ (V. 10). Menschen, die sich richtig verhalten, müssen manchmal leiden, weil sie gut sind. Sanftmütige werden gern von den Leuten ausgenutzt. Es gibt solche, die sich sogar über die ärgern, die Gutes tun, weil deren gutes Beispiel die üblen Leute umso schlechter aussehen lässt. Manchmal gelingt es den Gerechten, Unterdrückten zu helfen, indem sie soziale Bräuche und Regeln schwächen, die den Ungerechten Macht verliehen haben. Wir trachten nicht danach, verfolgt zu werden, jedoch werden Gerechte oft von schlechten Menschen verfolgt. Seid guten Mutes, sagt Jesus. Haltet durch. Das Himmelreich gehört den Menschen, denen es so ergeht.

Dann wendet sich Jesus direkt an seine Jünger und spricht sie mit dem Wort „ihr“ in der zweiten Person Mehrzahl an: „Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen. Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind“ (V. 11-12).

Es gibt eine wichtige Stelle in diesem Vers: „um meinetwillen“. Jesus erwartet von seinen Jüngern, dass sie nicht nur wegen ihres guten Lebenswandels, sondern auch aufgrund ihrer Verbindung zu Jesus verfolgt werden. Deshalb seid fröhlich und getrost, wenn ihr verfolgt werdet – wenigstens sollte euer Tun genügen, um beachtet zu werden. Ihr macht in dieser Welt einen Unterschied aus und könnt sicher sein, es wird euch belohnt werden.

Einen Unterschied ausmachen
Jesus verwendete auch einige kurze metaphorische Formulierungen, um zu beschreiben, wie seine Nachfolger die Welt beeinflussen sollen: „Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten“ (V. 13).

Wenn Salz seine Würze verliert, würde es nutzlos sein, denn sein Geschmack verleiht ihm seinen Wert. Salz ist gerade deshalb so gut, weil es anders als andere Dinge schmeckt. Genauso sind die Jünger Jesu in der Welt zerstreut – doch wenn sie der Welt gleich sind, sind sie zu nichts nütze.

„Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind“ (V. 14-15). Die Jünger sollen sich nicht verbergen – sie sollen sichtbar sein. Ihr Beispiel ist Teil ihrer Botschaft.

„So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen“ (V. 16). Später hat Jesus die Pharisäer kritisiert, weil sie um ihrer Werke willen gesehen werden wollten (Mt 6,1). Gute Werke sollen schon gesehen werden, aber zur Ehre Gottes, nicht zu unserer eigenen.

Eine bessere Gerechtigkeit
Wie sollen die Jünger leben? Jesus spricht darüber in den Versen 21 bis 48. Er beginnt mit einer Warnung: Wenn ihr hört, was ich sage, werdet ihr euch vielleicht darüber wundern, ob ich versuche, die Schrift aufzulösen. Das tue ich nicht. Ich tue und lehre exakt das, was die Schriften mir vorschreiben. Was ich sagen werde, wird euch überraschen, aber bitte, versteht mich nicht falsch.

„Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“ (V. 17). Viele Menschen konzentrieren sich hier auf das Gesetz und vermuten, es gehe darum, ob Jesus die Gesetze des Alten Testamentes wegnehmen will. Das macht es sehr schwer, die Verse auszulegen, da jeder darin übereinstimmt, dass Jesus Christus als Teil seiner Mission einige Gesetze erfüllte, die dadurch obsolet wurden. Man mag darüber streiten, wie viele Gesetze betroffen sind, aber jeder stimmt zu, dass Jesus gekommen ist, um zumindest einige davon aufzuheben.

Jesus spricht nicht über Gesetze (im Plural), sondern über das Gesetz (im Singular) – d. h. über die Thora, die ersten fünf Bücher der Heiligen Schrift. Er spricht auch über die Propheten, ein anderer Hauptabschnitt der Bibel. Bei diesem Vers geht es nicht um einzelne Gesetze, sondern um die Bücher des Alten Testaments als Ganzes. Jesus kam nicht, um die Heilige Schrift abzuschaffen, sondern sie zu erfüllen.

Natürlich spielte Gehorsam eine Rolle, aber es ging um mehr. Gott möchte, dass seine Kinder mehr tun, als Regeln zu folgen. Als Jesus die Thora erfüllte, war dies nicht nur eine Sache des Gehorsams. Er vollendete alles, worauf die Thora jemals hingedeutet hatte. Er tat das, wozu Israel als Nation nicht in der Lage war.

Dann sagte Jesus: „Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht“ (V. 18).

Aber Christen müssen ihre Kinder nicht beschneiden lassen, bauen keine Laubhütten und tragen auch keine blauen Fäden in Quasten. Alle stimmen darin überein, dass wir diese Gesetze nicht halten müssen. So fragt sich, was Jesus meinte, als er sagte, dass keines der Gesetze aufgelöst würde? Ist es nicht so, in der Praxis sind diese Gesetze verschwunden?

Es gibt drei grundlegende Überlegungen hierzu. Erstens, wir können erkennen, dass diese Gesetze nicht verschwunden sind. Sie sind noch in der Thora aufgeführt, aber das bedeutet nicht, dass wir sie befolgen müssen. Das ist richtig, doch es scheint nicht das zu sein, was Jesus hier sagen wollte.

Zweitens, könnte man sagen, dass Christen diese Gesetze halten, und zwar im Glauben an Christus. Wir halten das Gesetz der Beschneidung in unseren Herzen (Röm 2,29) und wir halten alle rituellen Gesetze durch Glauben. Auch das ist richtig, doch es dürfte nicht das sein, was Jesus hier genau sagte.

Drittens, es gilt festzuhalten, dass 1. keines der Gesetze veralten kann, bevor alles erfüllt ist und 2. alle darin übereinstimmen, dass mindestens einige der Gesetze nicht mehr gültig sind. Somit schlussfolgern wir 3., dass alles erfüllt wurde. Jesus erfüllte seine Mission und das Gesetz des Alten Bundes ist jetzt nicht mehr gültig.

Allerdings, warum sollte Jesus sagen „bis Himmel und Erde vergehen“? Sagte er es einfach, um die Gewissheit seiner Ausführungen zu betonen? Warum verwendete er zweimal das Wort „bis“, wenn nur eines davon relevant war? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass es viele Gesetze im Alten Testament gibt, die Christen nicht halten müssen, und die Verse 17-20 sagen uns nicht, welche betroffen sind. Wenn wir Verse nur deshalb zitieren, weil uns bestimmte Gesetze zusagen, dann missbrauchen wir diese Verse. Sie lehren uns nicht, dass alle Gesetze für immer gültig sind, da dies nicht auf alle Gesetze zutrifft.

Diese Gebote – welche sind das?
Jesus fährt fort: „Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich“ (V. 19).

Welche sind „ diese” Gebote? Bezieht sich Jesus auf die Gebote im Gesetz des Moses oder auf seine eigenen Anweisungen, die er kurz darauf geben wird? Wir müssen die Tatsache beachten, dass Vers 19 mit dem Wort „deshalb“ beginnt (statt „nun“ in der Luther-Üs). Es gibt eine logische Verbindung zwischen den Versen 18 und 19. Soll das heißen, das Gesetz wird bleiben, es sollen diese Gebote gelehrt werden? Das würde beinhalten, dass Jesus über das Gesetz spricht. Aber es gibt Gebote in der Thora, die überholt sind und nicht mehr als Gesetz gelehrt werden sollen. Daher kann Jesus nicht davon gesprochen haben, dass wir alle Gesetze des Alten Testaments lehren sollen. Das würde auch im Gegensatz zum Rest des Neuen Testamentes stehen.

Sehr wahrscheinlich ist die logische Verbindung zwischen den Versen 18 und 19 eine andere und richtet sich mehr auf den Schlussteil „bis es alles geschieht“. Diese Überlegung würde Folgendes bedeuten: Das ganze Gesetz wird bleiben, bis es alles geschieht und „deshalb“ (da Jesus alles erfüllte), sollen wir diese Gesetze lehren (die Gesetze Jesu, die wir gleich lesen werden), anstelle der alten Gesetze, die er kritisiert. Dies ergibt mehr Sinn, wenn man es im Kontext der Predigt und des Neuen Testamentes betrachtet.

Es sind Jesu Gebote, die gelehrt werden sollen (Mt 7,24; 28,20). Jesus erklärt das Warum: „Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen“ (V. 20).

Die Pharisäer waren für ihren strikten Gehorsam bekannt; sie gaben sogar den Zehnten von ihren Kräutern und Gewürzen. Aber wahre Gerechtigkeit ist eine Angelegenheit des Herzens, des Charakters einer Person, nicht die Einhaltung bestimmter Vorschriften. Jesus sagt nicht, dass unser Gehorsam gegenüber diesen Gesetzen besser sein muss, sondern dass der Gehorsam besseren Gesetzen gelten muss, die er kurz darauf anschaulich erklären wird, damit wir wissen, was er meint.

Aber wir sind nicht so gerecht, wie wir sein sollten. Wir alle brauchen Barmherzigkeit und wir kommen nicht ins Himmelreich aufgrund unserer Gerechtigkeit, sondern auf andere Weise, wie Jesus in den Versen 3-10 erklärte. Paulus nannte es das Geschenk der Gerechtigkeit, Rechtfertigung durch den Glauben, die perfekte Gerechtigkeit Jesu, an der wir teilhaben, wenn wir durch den Glauben mit ihm vereint werden. Aber Jesus gibt über das alles hier keine Erklärung.

Kurz zusammengefasst: Denken Sie nicht, dass Jesus kam, um die Schriften des Alten Testaments abzuschaffen. Er kam, um zu tun, was die Schriften vorausgesagt hatten. Jedes Gesetz blieb in Kraft bis Jesus alles erfüllte, wozu er gesandt wurde. Er gibt uns jetzt einen neuen Maßstab für Gerechtigkeit, nach dem wir leben und den wir lehren sollen.

Ich aber sage euch ...
Jesus stellt sechs alte Lehren den neuen Lehren gegenüber. Sechs Mal zitiert er die bisherige Lehre, meistens aus der Thora selbst. Sechs Mal erklärt er, dass sie nicht genügen. Er zeigt einen anspruchsvolleren Maßstab der Gerechtigkeit auf.

Den anderen nicht verachten
„Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: »Du sollst nicht töten [morden]«; wer aber tötet [mordet], der soll des Gerichts schuldig sein“ (V. 21). Dies ist ein Zitat aus der Thora, in der auch die bürgerlichen Gesetze zusammengefasst sind. Die Menschen hörten es, wenn ihnen die Schrift vorgelesen wurde. In der Zeit vor der Buchdruckerkunst haben die Menschen die Schrift meist gehört statt gelesen. Wer redete die Worte des Gesetzes „zu den Alten“? Es war Gott selbst auf dem Berg Sinai. Jesus zitiert keine verfälschte Tradition der Juden. Er zitiert die Thora. Dann stellt er das Gebot einem strengeren Maßstab gegenüber:

„Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig“ (V. 22). Vielleicht war dies laut Thora sogar so beabsichtigt, aber Jesus argumentiert nicht auf dieser Grundlage. Er gibt nicht an, wer ihn zum Lehren bevollmächtigt hat. Was er lehrt, ist wahr, aus dem einfachen Grund, weil er der Eine ist, der es sagt.

Wir werden aufgrund unseres Zorns gerichtet. Jemand, der töten will oder jemand anderem den Tod wünscht, ist ein Mörder in seinem Herzen, selbst wenn er die Tat nicht ausführen kann oder will. Es ist jedoch nicht jeder Zorn eine Sünde. Jesus selbst war manchmal zornig. Aber Jesus sagt es deutlich: Jeder, der zornig ist, untersteht der Gerichtsbarkeit. Das Prinzip ist in harte Worte gefasst; die Ausnahmen sind nicht aufgeführt. An dieser Stelle und an weiteren Stellen in der Predigt stellen wir fest, dass Jesus seine Forderungen extrem deutlich formuliert. Wir können keine Aussagen aus der Predigt herausnehmen und so handeln, als gäbe es dazu keine Ausnahmen.

Jesus fügt hinzu: „wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig“ (V. 22). Jesus verweist hier nicht auf neue Fälle an die jüdischen Führer. Es ist eher wahrscheinlich, dass er mit „Nichtsnutz“ einen Ausdruck zitiert, der bereits von den Schriftgelehrten gelehrt wurde. Als Nächstes sagt Jesus, dass die Strafe, die für eine bösartige Einstellung verhängt wird, weit über die des Zivilgerichtsurteils hinausreicht – es geht letztendlich bis vor das Jüngste Gericht.

Jesus selbst hat Menschen als „Narren” bezeichnet (Mt 23,17, mit demselben griechischen Wort). Wir können diese Ausdrücke nicht als legalistische Regeln ansetzen, die buchstäblich zu befolgen sind. Es geht hier darum, etwas klarzustellen. Der Punkt ist, dass wir andere Menschen nicht verachten sollen. Dieses Prinzip geht über die Absicht der Thora hinaus, denn wahre Gerechtigkeit charakterisiert das Reich Gottes.

Jesus macht es durch zwei Gleichnisse deutlich: „Darum: wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass dort vor dem Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe“ (V. 23,24).

Jesus lebte in einer Zeit, als der Alte Bund noch gültig war und seine Bekräftigung der Gesetze des Alten Bundes bedeutet nicht, dass sie heute noch in Kraft sind. Sein Gleichnis weist darauf hin, dass zwischenmenschliche Beziehungen höher zu bewerten sind als Opfer. Wenn jemand etwas gegen Sie hat (ob berechtigt oder nicht), dann sollte die andere Person den ersten Schritt tun. Wenn sie es nicht tut, warten Sie nicht; übernehmen Sie die Initiative.

Das ist leider nicht immer möglich. Jesus gibt kein neues Gesetz, sondern erklärt das Prinzip mit deutlichen Worten: Strebt danach, euch zu versöhnen. „Vertrage dich mit deinem Gegner sogleich, solange du noch mit ihm auf dem Weg bist, damit dich der Gegner nicht dem Richter überantworte und der Richter dem Gerichtsdiener und du ins Gefängnis geworfen werdest. Wahrlich, ich sage dir: Du wirst nicht von dort herauskommen, bis du auch den letzten Pfennig bezahlt hast“ (V. 25-26). Noch einmal, es ist nicht immer möglich, Streitigkeiten außerhalb des Gerichts zu regeln. Wir sollten auch nicht Ankläger, die uns unter Druck setzen, davonkommen lassen. Auch sagt Jesus nicht voraus, dass wir niemals Gnade vor einem Zivilgericht zugesprochen bekommen. Wie gesagt, wir können Jesu Worte nicht zu strikten Gesetzen erheben. Er gibt uns auch keinen weisen Rat, wie wir das Schuldgefängnis vermeiden können. Wichtiger ist ihm, dass wir den Frieden suchen, weil das der Weg wahrer Gerechtigkeit ist.

Nicht begehren
„Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst nicht ehebrechen«“ (V. 27). Gott gab dieses Gebot auf dem Berg Sinai. Aber Jesus sagt uns: „Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen“ (V. 28).

Das 10. Gebot verbot zu begehren, das 7. Gebot jedoch nicht. Es verbot „Ehebruch“ – ein Verhalten, das durch bürgerliche Gesetze und Strafen reglementiert werden konnte. Jesus versucht nicht, seine Lehre durch die Schrift zu festigen. Er muss es nicht tun. Er ist das lebendige Wort und hat mehr Autorität als das geschriebene Wort.

Jesu Lehren folgen einem Schema: Das alte Gesetz nennt eine konkrete Sache, aber wahre Gerechtigkeit erfordert viel mehr. Jesus macht extreme Aussagen, um es auf den Punkt zu bringen. Wenn es um Ehebruch geht, sagt er: „Wenn dich aber dein rechtes Auge zum Abfall verführt, so reiß es aus und wirf’s von dir. Es ist besser für dich, dass eins deiner Glieder verderbe und nicht der ganze Leib in die Hölle geworfen werde. Wenn dich deine rechte Hand zum Abfall verführt, so hau sie ab und wirf sie von dir. Es ist besser für dich, dass eins deiner Glieder verderbe und nicht der ganze Leib in die Hölle fahre“ (V. 29-30).

Natürlich wäre es besser, ein Körperteil zu verlieren als das ewige Leben. Aber das ist nicht wirklich unsere Alternative, da Augen und Hände uns nicht zur Sünde verleiten können; würden wir sie entfernen, so würden wir eine andere Sünde begehen. Die Sünde kommt aus dem Herzen. Was wir brauchen, ist, eine Veränderung unseres Herzens. Jesus betont, dass unser Denken einer Behandlung unterzogen werden muss. Es bedarf extremer Maßnahmen, um die Sünde zu eliminieren.

Sich nicht scheiden lassen
„Es ist auch gesagt: ‚ Wer sich von seiner Frau scheidet, der soll ihr einen Scheidebrief geben“ (V. 31). Das bezieht sich auf die Schriftstelle in 5. Mose 24,1-4, welche den Scheidebrief als einen bereits eingeführten Brauch unter den Israeliten akzeptiert. Dieses Gesetz erlaubte einer verheirateten Frau nicht die Wiederheirat mit ihrem ersten Ehemann, aber abgesehen von dieser seltenen Situation, gab es keine Einschränkungen. Das Gesetz des Moses erlaubte die Scheidung, Jesus erlaubte sie je doch nicht.

„Ich aber sage euch: Wer sich von seiner Frau scheidet, es sei denn wegen Ehebruchs, der macht, dass sie die Ehe bricht; und wer eine Geschiedene heiratet, der bricht die Ehe“ (V. 32).

Das ist eine harte Aussage – schwer zu verstehen und schwer umzusetzen. Nehmen wir an, ein schlechter Mann verstößt seine Frau ohne irgendeinen Grund. Ist sie dann automatisch eine Sünderin? Und ist es eine Sünde für einen anderen Mann, dieses Opfer einer Scheidung zu heiraten?

Wer sanftmütig ist, friedfertig, arm im Geist, barmherzig, wie wird der je dazu kommen, seine Frau zu entlassen? Wer unter anderen Frieden stiftet, wie wird der mit seiner eigenen Frau in Zwietracht leben?
Chrysostomos
Wir würden einen Fehler machen, wenn wir Jesu Aussage als unveränderliches Gesetz auslegen. Denn Paulus wurde durch den Geist gezeigt, dass es eine weitere legitime Ausnahme für eine Scheidung gibt (1. Kor 7,15). Obwohl es sich hier um ein Studium der Bergpredigt handelt, sollten wir bedenken, dass Matthäus 5 nicht das letzte Wort zum Thema Scheidung behandelt. Was wir hier sehen, ist nur ein Teil des Gesamtbildes

Jesu Aussage ist hier eine schockierende Feststellung, die etwas deutlich machen will – in diesem Fall heißt das, dass Scheidung immer mit Sünde verbunden ist. Gott beabsichtigte eine lebenslange Bindung in der Ehe und wir sollen danach streben, in der von ihm beabsichtigten Weise an ihr festzuhalten. Jesus unternahm hier nicht den Versuch, eine Diskussion darüber zu führen, was wir tun sollen, wenn die Dinge nicht so laufen wie sie sollten.

Nicht schwören
„Ihr habt weiter gehört, dass zu den Alten gesagt ist: »Du sollst keinen falschen Eid schwören und sollst dem Herrn deinen Eid halten«“ (V. 33). Diese Prinzipien werden in den Schriften des Alten Testaments gelehrt (4. Mo 30,3; 5. Mo 23,22). Doch was die Thora klar erlaubte, Jesus tat es nicht:

Sein [Jesu] Punkt ist, dass ehrliche Menschen nicht auf Schwüre zurückgreifen müssen – nicht, dass sie sich verweigern müssen, wenn eine äußere Autorität sie unter Eid stellen will.
John Stott, Die Botschaft der Bergpredigt, Seite 115
„Ich aber sage euch, dass ihr überhaupt nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron; noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel seiner Füße; noch bei Jerusalem, denn sie ist die Stadt des großen Königs“ (V. 34-35). Offensichtlich erlaubten die jüdischen Führer unter Berufung auf diese Dinge zu schwören, vielleicht um die Aussprache des heiligen Namens Gottes zu vermeiden.

„Auch sollst du nicht bei deinem Haupt schwören; denn du vermagst nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz zu machen. Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel“ (V. 36-37). Das Prinzip ist einfach: Ehrlichkeit – auf verblüffende Weise deutlich gemacht. Ausnahmen sind erlaubt.

Jesus selbst ging über ein einfaches Ja oder Nein hinaus. Oft sagte er Amen, Amen. Er sagte, dass Himmel und Erde vergehen werden, aber seine Worte würden es nicht tun. Er rief Gott zum Zeugen, dass er die Wahrheit sagte. Ebenso verwendete Paulus in seinen Briefen einige eidliche Versicherungen, statt nur einfach Ja zu sagen (Röm 1,9; 2. Kor 1,23).

So sehen wir erneut, dass wir die ausdruckstarken Aussagen der Bergpredigt nicht als Verbote betrachten müssen die buchstäblich zu befolgen sind. Wir sollten einfach ehrlich sein, aber in bestimmten Situationen können wir die Wahrheit des von uns Gesagten besonders bekräftigen.

In einem Gericht, um ein modernes Beispiel zu verwenden, ist es uns erlaubt zu „schwören”, dass wir die Wahrheit sagen und wir können Gott deshalb um Hilfe anrufen. Es ist kleinlich zu behaupten, dass „ eine eidesstattliche Erklärung“ akzeptabel sei, aber „Schwören“ sei es nicht. Im Gericht sind diese Worte gleichbedeutend – und beide sind mehr als ein Ja.

Nicht auf Rache sinnen
Jesus zitiert wieder aus der Thora: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Auge um Auge, Zahn um Zahn«“ (V. 38). Es wird manchmal behauptet, dass dies bloß ein Höchstmaß an Vergeltung im Alten Testament darstellte. Tatsächlich stellte es ein Maximum dar, aber manchmal war es auch das Minimum (3. Mo 24,19-20; 5. Mo 19,21).

Jesus verbietet jedoch, was die Thora verlangt: „Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel“ (V. 39a). Aber Jesus selbst widersetzte sich schlechten Personen. Er trieb Geldwechsler aus dem Tempel. Die Apostel wehrten sich gegen falsche Lehrer. Paulus wehrte sich, indem er sich auf sein Recht als römischer Bürger berief, als Soldaten ihn geißeln sollten. Jesu Aussage ist wieder eine Überspitzung. Es ist erlaubt, sich gegen schlechte Personen zu wehren. Jesus erlaubt uns, z.B. gegen schlechte Personen vorzugehen, indem wir Straftaten der Polizei melden.

Die nächste Aussage Jesu muss ebenfalls als Überspitzung gesehen werden. Das bedeutet nicht, dass wir sie als irrelevant abtun können. Es geht vor allem um das Verständnis des Prinzips; wir müssen diesem erlauben, unser Verhalten einer Herausforderung auszusetzen, ohne aus diesen Regeln einen neuen Gesetzeskodex zu entwickeln, weil man davon ausgeht, dass Ausnahmen niemals zulässig seien.

„Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar“ (V. 39b). Unter bestimmten Umständen ist es das Beste, einfach wegzugehen, wie Petrus es tat (Apg 12,9). Es ist auch nicht falsch, sich wie Paulus mündlich zur Wehr zu setzen (Apg 23,3). Jesu lehrt uns ein Prinzip und nicht eine Regel, die strikt befolgt werden muss.

„Und wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel. Und wenn dich jemand nötigt, eine Meile mitzugehen, so geh mit ihm zwei. Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der etwas von dir borgen will“ (V. 40-42). Wenn Leute Sie auf 10.000 Euro verklagen, dann müssen Sie ihnen nicht 20.000 Euro geben. Wenn jemand Ihnen das Auto stiehlt, müssen Sie Ihren Transporter nicht auch noch hergeben. Wenn ein Betrunkener Sie um 10 Euro bittet, müssen Sie ihm überhaupt nichts geben.

Es geht Jesus bei seinen überzogenen Aussagen nicht darum, dass wir anderen Menschen gestatten müssen, sich einen Vorteil auf unsere Kosten zu verschaffen und auch nicht, dass wir sie dafür belohnen müssen. Vielmehr geht es ihm darum, dass wir keine Vergeltung üben. Seid darauf bedacht, Frieden zu stiften; versucht nicht, anderen einen Schaden zuzufügen.

Nicht hassen
„Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst deinen Nächsten lieben« und deinen Feind hassen“ (V. 43). Die Thora gebietet Liebe und sie befahl Israel alle Kanaaniter zu töten und alle Übeltäter zu bestrafen.

„Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen“ (V. 44). Jesus lehrt uns einen anderen Weg, einen Weg, wie er in der Welt so nicht vorkommt. Warum? Was ist das Modell für all diese rigorose Gerechtigkeit? „Damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel“ (V. 45a). Wir sollen ihm ähnlich sein und er liebte seine Feinde so sehr, dass er seinen Sohn sandte, um für sie zu sterben. Wir können unsere Kinder nicht für unsere Feinde sterben lassen, aber wir sollen sie genauso lieben und für sie beten, dass sie gesegnet seien. Wir können nicht mit dem Maßstab mithalten, den Jesus als richtungsweisend vorgegeben hat. Aber unsere wiederholten Fehler sollten uns nicht davon abhalten, es trotzdem zu versuchen.

Jesus erinnert uns, dass Gott „die Sonne aufgehen lässt über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte” (V. 45b). Er ist gütig gegenüber jedermann.

„Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner? Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden?” (V. 46-47). Wir sind berufen, mehr zu tun als das Übliche, mehr als unbekehrte Menschen tun. Unsere Unfähigkeit, perfekt zu sein, ändert nichts an unserer Berufung stets nach Verbesserung zu streben.

Unsere Liebe für andere soll vollkommen sein, sich auf alle Menschen erstrecken, das ist es, was Jesus beabsichtigt, wenn er sagt: „Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist“ (V. 48).

Alte Lehre Quelle Neue Lehre Beweise für Übertreibungen
Du sollst nicht töten; jeder, der tötet, ist des Gerichtes schuldig Du sollst nicht töten; jeder, der tötet, ist des Gerichtes schuldig
Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig Jesus war manchmal zornig; Nicht jeder Zorn ist Sünde
Wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig Jesus bezeichnete Men-schen als Narren
Versöhn dich erst mit deinem Bru-der Das ist nicht immer möglich
Regle Streitigkeiten außerhalb des Gerichts Das ist nicht immer möglich
Du wirst nicht herauskommen, bis du den letzten Pfennig bezahlt hast Manchmal werden Schulden erlassen
Du sollst nicht ehebrechen Zitat aus 2. Mo 20,14 Wer begehrt, der hat bereits die Ehe gebrochen a
Wenn Auge oder Hand dich zur Sünde verleiten, entferne sie Augen und Hände können nicht zur Sünde verleiten; sie zu entfernen ist Sünde.
Wer sich von seiner Frau scheidet, der soll ihr einen Scheidebrief geben Bezieht sich auf 5. Mo 24, 1‑4 Wer sich von seiner Frau scheidet, es sei denn wegen Ehebruchs, der macht, dass sie die Ehe bricht; und wer eine Geschiedene heiratet, der bricht die Ehe Paul erlaubte eine weitere Ausnahme

Auch der Mann begeht Ehebruch

Wenn sie nicht wieder hei-ratet, ist sie keine Ehebrecherin
Du sollst dem Herrn deinen Eid halten /dein Gelübde erfüllen Genaue Paraphrasen aus 4. Mo 30, 3 und 5. Mo 23,22 Ihr sollt überhaupt nicht schwören Es besteht keine Notwendigkeit, einen Schwur durch eine „eidesstattliche Erklärung“ zu ersetzen
Euer “Ja” sei ein “Ja” Jesus und Paulus sagten mehr als nur “Ja”, um die Wahrheit ihrer Worte zu bekräftigen
Auge um Auge, Zahn um Zahn Zitat aus 3. Mo 24,19‑20 und 5. Mo 19,21 Wehrt euch nicht gegen eine schlechte Person Gewaltloser Widerstand ist erlaubt; sogar Jesus gebrauchte Gewalt
Bietet auch die andere Wange dar Wir können uns wehren oder weggehen
Du sollst deinen Nächsten lieben Zitat aus 3. Mo 19,18 Liebet eure Feinde und betet für sie menschlich unmöglich
und deinen Feind hassen Übertreibung der Thora Seid vollkommen
Zusammenfassung Meistens ein Zitat oder eine Paraphrase der Thora Sogar noch mehr ist erforderlich – wer kann diese erstaunlichen Ansprüche erfüllen? Häufig gibt es Ausnahmen

Teil 2 – Matthäus 6

Jesus lehrt einen hohen Maßstab der Gerechtigkeit, der von uns eine innere Einstellung der Aufrichtigkeit erfordert. Mit bestürzenden Worten warnt er uns vor Zorn, Ehebruch, Schwüren und Vergeltung. Er sagt, dass wir sogar unsere Feinde zu lieben haben (Mt 5).

Die Pharisäer waren bekannt für strenge Richtlinien, aber unsere Gerechtigkeit sollte besser sein, als die der Pharisäer (was ziemlich bestürzend sein kann, wenn wir vergessen, was an früherer Stelle der Bergpredigt über Barmherzigkeit verheißen wurde). Wahre Gerechtigkeit ist eine Herzenseinstellung. Im sechsten Kapitel des Matthäusevangeliums sehen wir, wie Jesus dieses Thema deutlich macht, indem er Religion als Show verurteilt.

Wohltätigkeit im Verborgenen
„Habt Acht auf eure Frömmigkeit, dass ihr die nicht übt vor den Leuten, um von ihnen gesehen zu werden; ihr habt sonst keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel. Wenn du nun Almosen gibst, sollst du es nicht vor dir ausposaunen lassen, wie es die Heuchler tun in den Synagogen und auf den Gassen, damit sie von den Leuten gepriesen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt“ (V. 1-2).

Zu Jesu Zeiten gab es Leute, die aus Religion eine Show machten. Sie stellten sicher, dass die Leute ihre guten Werke beachten konnten. Sie erhielten dafür von vielen Seiten Anerkennung. Das ist alles, was sie erhalten, sagt Jesus, denn ihr Handeln ist nur Schauspielerei. Es ging ihnen nicht darum, Gott zu dienen, sondern in der öffentlichen Meinung gut dazustehen; eine Haltung, die Gott nicht belohnen wird.

Religiöses Gehabe sieht man heute auch auf Kanzeln, bei der Ausübung von Ämtern, der Leitung eines Bibelstudiums oder in Beiträgen von Kirchenzeitungen. Man mag den Armen Nah- rung geben und das Evangelium predigen. Äußerlich sieht es wie ernsthaftes Dienen aus, aber die Einstellung kann ganz anders sein.

„Wenn du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, damit dein Almosen verborgen bleibe; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten“ (V. 3-4).

Natürlich weiß unsere „Hand“ nichts von unserem Handeln. Jesus benutzt eine Redewendung, die ausdrückt, dass Almosengeben nicht zu Showzwecken dient, weder zugunsten anderer noch zum Eigenlob. Wir tun es für Gott, nicht des eigenen Ansehens wegen.

Es ist nicht buchstäblich zu verstehen, dass Wohltätigkeit nur im Geheimen stattfinden darf. Jesus hat schon vorher gesagt, dass unsere guten Taten sichtbar sein sollten, damit die Leute Gott preisen (Mt 5,16). Der Fokus liegt auf unserer Einstellung, nicht auf unserer Außenwirkung. Unser Motiv sollte darin bestehen, gute Werke zu Gottes Ehre zu tun, nicht um unserer eigenen Ehre willen.

Das Gebet im Verborgenen
Jesus sagte Vergleichbares über das Gebet: „Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, damit sie von den Leuten gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten“ (V. 5-6).

Jesus stellt kein neues Gebot gegen öffentliches Beten auf. Manchmal hat selbst Jesus in der Öffentlichkeit gebetet. Der Punkt ist, dass wir nicht beten sollten, um einfach nur gesehen zu werden, auch sollten wir das Gebet nicht aus Angst vor der öffentlichen Meinung vermeiden. Das Gebet verehrt Gott und ist nicht dazu da, sich selbst gut zu präsentieren.

„Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet“ (V. 7-8).

Gott kennt unsere Nöte, trotzdem sollen wir ihn bitten (Phil 4,6) und darin beharrlich sein (Lk 18,1-8). Der Erfolg des Gebets hängt von Gott ab, nicht von uns. Wir müssen nicht eine gewisse Anzahl von Worten erreichen oder einen Mindestzeitrahmen einhalten, weder eine besondere Gebetshaltung einnehmen, noch schöne Worte wählen.

Jesus gab uns ein Mustergebet – ein Beispiel für Einfachheit. Es mag als Richtschnur dienen. Auch andere Entwürfe sind willkommen.

„Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“ (V. 9-10). Dieses Gebet beginnt mit einem einfachen Lob – nichts kompliziertes, einfach eine Formulierung des Wunsches, dass Gott geehrt wird und dass die Menschen sich gegenüber seinem Willen empfänglich zeigen.

„Unser tägliches Brot gib uns heute“ (V. 11). Hiermit erkennen wir an, dass unser Leben von unserem allmächtigen Vater abhängt. Wir können zwar zu einem Laden gehen, um Brot und anderes zu kaufen, sollten uns aber erinnern, dass Gott derjenige ist, der dies ermöglicht. Wir sind jeden Tag auf ihn angewiesen.

„Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“ (V. 12-13). Wir benötigen nicht nur Nahrung, sondern auch eine Beziehung mit Gott – eine Beziehung, die wir oft vernachlässigen und weshalb wir oft der Vergebung bedürfen. Dieses Gebet erinnert uns auch daran, dass wir gegenüber anderen barmherzig sein sollen, wenn wir Gott bitten, uns gnädig zu sein. Wir alle sind keine geistlichen Riesen – wir brauchen göttliche Hilfe, um Versuchungen widerstehen zu können.

Hier beendet Jesus das Gebet und weist abschließend nochmals auf unsere Verantwortung hin, uns gegenseitig zu vergeben. Je besser wir verstehen, wie gut Gott ist und wie groß unser Versagen ist, umso besser werden wir verstehen, dass wir Barmherzigkeit brauchen und bereit sein müssen, anderen zu vergeben (V. 14-15).

Das sieht nun mal wie ein Vorbehalt aus: Ich werde dies erst dann tun, wenn du jenes getan hast. Ein großes Problem besteht darin: Menschen sind nicht sehr gut im Vergeben. Keiner von uns ist vollkommen und niemand vergibt vollkommen. Fordert Jesus uns auf, etwas zu tun, das selbst Gott nicht tun würde? Wäre es denkbar, dass wir anderen bedingungslos vergeben müssten, während er seine Vergebung an Bedingungen knüpft? Wenn Gott seine Vergebung von unserer Vergebung abhängig machen würde und wir es genauso tun würden, dann würden wir anderen erst vergeben, wenn sie auch vergeben hätten. Wir würden in einer endlosen Schlange anstehen, die sich nicht bewegt.

Wenn unsere Vergebung darauf beruht, dass wir anderen vergeben, dann ist unser Heil von unserem Tun – von unseren Werken abhängig. Deshalb haben wir theologisch und praktisch ein Problem, wenn wir Matthäus 6,14-15 wörtlich nehmen. An dieser Stelle können wir der Überlegung hinzufügen, dass Jesus für unsere Sünden gestorben ist, bevor wir auch nur geboren wurden. Die Schrift sagt, dass er unsere Sünden ans Kreuz genagelt und die ganze Welt mit sich versöhnt hat.

Auf der einen Seite lehrt uns Matthäus 6, dass unsere Vergebung von Bedingungen abhängig zu sein scheint. Auf der anderen Seite lehrt uns die Schrift, dass unsere Sünden bereits vergeben sind – was die Sünde der unterlassenen Vergebung einschließen würde. Wie sind diese beiden Vorstellungen in Einklang zu bringen? Entweder haben wir die Verse der einen Seite falsch verstanden oder die der anderen Seite.

Wir können nun als weiteres Argument in die Überlegungen einbringen, dass Jesus oft das Element der Übertreibung in seinen Gesprächen verwendet hat. Wenn dein Auge dich verführt, dann reiß es aus. Wenn du betest, geh in dein Kämmerlein (doch Jesus betete nicht immer im Haus). Wenn du den Notleidenden gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut. Widerstrebt nicht einem üblen Menschen (doch Paulus tat es). Sagt nicht mehr als Ja oder Nein (doch Paulus tat es). Ihr sollt niemanden Vater nennen – und doch, wir tun es alle.

Daraus können wir erkennen, dass in Matthäus 6,14-15 ein weiteres Beispiel für Übertreibung verwendet wurde. Das heißt nicht, dass wir das ignorieren können – Jesus wollte damit darauf hinweisen, wie wichtig es ist, anderen Menschen zu vergeben. Wenn wir möchten, dass Gott uns vergibt, dann sollten wir auch anderen vergeben. Wenn wir in einem Reich leben wollen, in dem uns Vergebung zuteilwurde, so müssen wir in derselben Weise danach leben. Wie wir uns wünschen, von Gott geliebt zu sein, so sollten wir unsere Mitmenschen lieben. Wenn wir darin versagen, wird es Gottes Wesen, zu lieben, nicht verändern. Wahr bleibt, wenn wir geliebt werden möchten, sollten wir das auch tun. Obwohl es sich so anhört, als sei dies alles von der Erfüllung einer Vorbedingung abhängig, besteht der Zweck des Gesagten darin, uns zur Liebe und zur Vergebung zu ermutigen. Paulus hat es wie eine Anweisung formuliert: „Ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!“ (Kol 3,13). Hiermit wird ein Beispiel gegeben; es geht nicht um eine Voraussetzung.

Im Vaterunser bitten wir um das tägliche Brot, obwohl wir es (in den meisten Fällen) bereits im Haus haben. In derselben Weise bitten wir um Vergebung, obwohl wir sie bereits erhalten haben. Das ist ein Eingeständnis, dass wir etwas falsch gemacht haben und dass sich dies auf unsere Beziehung mit Gott auswirkt, jedoch in der Zuversicht, dass er bereit ist, zu vergeben. Es ist Teil dessen, was es bedeutet, wenn wir die Erlösung eher als ein Geschenk erwarten, denn als etwas, das wir durch unsere Leistung verdienen könnten.

Vom Fasten im Verborgenen
Jesus kommt auf eine andere religiöse Verhaltensweise zu sprechen: „Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit du dich nicht vor den Leuten zeigst mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten“ (V. 16-18).

Wenn wir fasten, so waschen und kämmen wir uns wie immer, da wir vor Gott kommen und nicht, um die Leute zu beeindrucken. Wieder liegt die Betonung auf der Einstellung; es geht nicht darum, mit dem Fasten aufzufallen. Wenn uns jemand fragt, ob wir gerade fasten, so können wir wahrheitsgemäß antworten – sollten aber niemals hoffen, gefragt zu werden. Unser Ziel ist, nicht aufzufallen, sondern Gottes Nähe zu suchen.

Bei allen drei Themen weist Jesus auf denselben Punkt hin. Ob wir Almosen geben, beten oder fasten, es geschehe „im Verborgenen“. Wir trachten nicht danach, Menschen zu beeindru- cken, verstecken uns aber auch nicht vor ihnen. Wir dienen Gott und ehren ihn allein. Er wird uns belohnen. Die Belohnung mag ebenso wie unsere Tätigkeit im Verborgenen geschehen. Sie ist real und geschieht nach seiner göttlichen Güte.

Schätze im Himmel
Konzentrieren wir uns darauf, Gott wohlzugefallen. Erfüllen wir seinen Willen und wertschätzen seine Belohnungen höher als vergängliche Belohnungen dieser Welt. Öffentliches Lob ist eine kurzlebige Form der Belohnung. Jesus spricht hier über die Flüchtigkeit physischer Dinge. „Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen“ (V. 19-20).

Weltliche Reichtümer sind nur von kurzer Dauer. Jesus gibt uns den Rat, eine bessere Investitionsstrategie zu verfolgen – nach den dauerhaften Werten Gottes zu trachten durch stille Wohltätigkeit, unauffälliges Gebet und Fasten im Verborgenen.

Wenn wir Jesus zu wörtlich nehmen, könnte man meinen, er würde ein Gebot gegen das Sparen für das Pensionsalter aufstellen. Es geht aber tatsächlich um unser Herz – was wir als wertvoll betrachten. Wir sollten die himmlischen Belohnungen höher wertschätzen als unsere weltlichen Ersparnisse. „Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“ (V. 21). Wenn wir die Dinge für wertvoll halten, die Gott wertschätzt, dann wird unser Herz auch unser Verhalten richtig lenken.

„Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein!“ (V. 22-23).

Anscheinend nutzt Jesus hier ein Sprichwort seiner Zeit und wendet es in Bezug auf die Geldgier an. Wenn wir uns gehörende Dinge in der richtigen Weise ansehen, werden wir Möglichkeiten erkennen, Gutes zu tun und großzügig zu sein. Wenn wir jedoch selbstsüchtig und neidisch sind, so begeben wir uns in moralische Finsternis – korrumpiert von unseren Süchten.

Wonach trachten wir in unserem Leben – zu nehmen oder zu geben? Sind unsere Bankkonten so eingerichtet, dass sie uns dienen oder ermöglichen sie uns, anderen zu dienen? Unsere Ziele leiten uns zum Guten oder korrumpieren uns. Wenn unser Inneres korrupt ist, wenn wir nur nach den Belohnungen dieser Welt trachten, dann sind wir wirklich verdorben.

Was motiviert uns? Ist es das Geld oder ist es Gott? „Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ (V. 24). Wir können nicht gleichzeitig Gott und der öffentlichen Meinung dienen. Wir sollten Gott allein und ohne Konkurrenz dienen.

Wie könnte eine Person dem Mammon „dienen“? Indem sie glaubt, das Geld bringe ihr Glück, es lasse sie als äußerst machtvoll erscheinen und sie könne ihm hohen Wert beimessen. Diese Einschätzungen sind besser gegenüber Gott angebracht. Er ist derjenige, der uns Glück geben kann, er ist die wahre Quelle von Sicherheit und Leben; er ist die Macht, die uns am besten helfen kann. Wir sollten ihn höher wertschätzen und ehren als alles andere, weil er an erster Stelle steht.

Die wahre Sicherheit
„Darum sage ich euch: Sorgt nicht um ... was ihr essen und trinken werdet; ... was ihr anziehen werdet. Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft“ (V. 25-32). Gott ist ein guter Vater und er wird für uns sorgen, wenn er die höchste Stelle in unserem Leben einnimmt. Wir brauchen uns nicht um die Meinung der Leute zu kümmern und uns nicht über Geld oder Güter ängstigen.

„Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen“ (V. 33). Wir werden lange genug leben, genug zu essen erhalten, werden ausreichend versorgt, wenn wir Gott lieben. (

Teil 3 – Matthäus 7

In Matthäus 5 erklärt Jesus, dass wahre Gerechtigkeit aus dem Inneren kommt und eine Angelegenheit des Herzens ist – nicht einfach des Verhaltens. Im 6. Kapitel lesen wir, was Jesus zu unseren frommen Taten sagt. Sie müssen aufrichtig sein und dürfen nicht als Wohltaten dargestellt werden, um uns gut aussehen zu lassen. In den beiden Kapiteln spricht Jesus zwei Probleme an, die vorkommen, wenn man sich bei der Definition von Gerechtigkeit hauptsächlich am äußeren Verhalten orientiert. Zum einen möchte Gott nicht, dass sich nur unser äußeres Verhalten ändert und zum anderen verleitet es die Leute dazu, eine Änderung des Herzens nur vorzutäuschen.

In Kapitel 7 zeigt uns Jesus ein drittes Problem, das sich ergibt, wenn das Verhalten im Vordergrund steht: Menschen, die Gerechtigkeit mit Verhalten gleichsetzen, neigen dazu, andere zu richten oder zu kritisieren.

Der Splitter im Auge des anderen
„Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“, sagte Jesus, „denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden“ (Mt 7,1-2). Jesu Zuhörer wussten, über welche Art von Richten Jesus sprach. Sie richtete sich gegen die verurteilende Haltung der Leute, die Jesus bereits kritisiert hatten, – gegen die Heuchler, die sich auf das äußere Verhalten konzentrierten (siehe Joh 7,49 als ein Beispiel dazu).

Diejenigen, die schnell dabei sind, andere zu verurteilen und sich gegenüber anderen überlegen fühlen, werden von Gott verurteilt. Alle haben gesündigt und jeder bedarf der Barmherzigkeit. Doch einigen fällt es schwer, dies zuzugeben, und ebenso fällt es ihnen schwer, Barmherzigkeit gegenüber anderen zu üben. Deshalb warnt uns Jesus, dass die Art und Weise, wie wir andere Menschen behandeln, dazu führen kann, dass Gott uns genauso behandelt. Je mehr wir unsere eigene Bedürftigkeit nach Barmherzigkeit empfinden, desto weniger werden wir über andere richten.

Dann gibt uns Jesus eine humorvoll übertriebene Veranschaulichung dessen, was er meint: „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge?“ (Mt 7,3). Mit anderen Worten, wie kann man sich über die Sünde von jemanden beklagen, wenn man selbst eine Größere begangen hat?

„Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen?, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst“ (V. 4-5). Jesu Zuhörer müssen über diese karikierende Darstellung der Heuchler laut gelacht haben.

Ein Heuchler behauptet, er würde anderen helfen, ihre Sünden zu identifizieren. Er beansprucht, weise zu sein und behauptet, ein Eiferer für das Gesetz zu sein. Doch Jesus sagt, dass ein solcher Mensch nicht dazu qualifiziert ist, zu helfen. Er ist ein Heuchler, ein Schauspieler, ein Vortäuscher. Er muss erst selber die Sünde aus seinem Leben entfernen; er muss verstehen, wie groß seine eigene Sünde ist.

Wie kann der Balken entfernt werden? Jesus hat das an dieser Stelle nicht erklärt, aber wir wissen aus anderen Stellen, dass Sünde nur durch Gottes Gnade entfernt werden kann. Nur wer Barmherzigkeit erfahren hat, kann anderen wirklich helfen.

„Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen“ (V. 6). Dieser Satz wird gewöhnlich dahingehend interpretiert, man solle das Evangelium auf kluge Art und Weise predigen. Das mag richtig sein, aber der Kontext hat hier nichts mit dem Evangelium zu tun. Wenn wir jedoch dieses Sprichwort im Kontext betrachten, so mag dessen Sinn eine gewisse Ironie enthalten: „ Heuchler, behalte deine Perlen der Weisheit für dich selbst. Wenn du glaubst, die andere Person sei ein Sünder, verschwende deine Worte nicht an ihn, denn er wird dir nicht dankbar sein, für das, was du sagst und sich nur über dich aufregen.“ Dies wäre dann ein humorvoller Abschluss von Jesu Kernaussage: Richtet nicht.

Gottes gute Gaben
Jesus sprach bereits über Gebet und unseren Mangel an Glauben (Kapitel 6). Nun spricht er dieses wieder an: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan“ (V 7-9).

Jesus beschreibt eine Einstellung des Vertrauens oder eine Zuversicht gegenüber Gott. Warum können wir solchen Glauben haben? Weil Gott vertrauenswürdig ist.

Dann stellt Jesus einen einfachen Vergleich an: „Wer ist unter euch Menschen, der seinem Sohn, wenn er ihn bittet um Brot, einen Stein biete? Oder, wenn er ihn bittet um einen Fisch, eine Schlange biete? Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, dennoch euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten!“ (V. 9-11). Wenn sogar Sünder sich um ihre Kinder kümmern, dann können wir gewiss auf Gott vertrauen, dass er sich auch um uns, seine Kinder kümmert, denn er ist vollkommen. Er wird uns mit allem Nötigen versorgen.

Nicht immer bekommen wir, was wir uns wünschen und manchmal mangelt es uns besonders an Disziplin. Jesus geht jetzt nicht auf diese Dinge ein – sein Anliegen ist hier einfach, dass wir Gott vertrauen können.

Als Nächstes äußert sich Jesus zur goldenen Regel. Der Sinn ist ähnlich wie bei Vers 2. Gott wird uns so behandeln, wie wir andere behandeln, deshalb fordert er uns auf „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!“ (V 12). Da Gott uns gute Dinge gibt, sollten wir anderen Gutes tun.

Wenn wir freundlich behandelt werden wollen und möchten, dass im Zweifelsfall zu unseren Gunsten entschieden wird, dann müssen wir gütig gegenüber anderen sein. Wenn wir möchten, dass uns jemand hilft, wenn wir Hilfe brauchen, dann sollten wir bereit sein, auch anderen zu helfen, wenn sie Hilfe benötigen.

Über die goldene Regel sagt Jesus: „Das ist das Gesetz und die Propheten“ (V. 12). Es ist diese Vernunft-Regel, um die es wirklich in der Thora geht. All die vielen Opfer sollten uns aufzeigen, dass wir Barmherzigkeit brauchen. Alle Zivilgesetze sollten uns ein faires Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen lehren. Die goldene Regel gibt uns eine klare Vorstellung von Gottes Lebensweise. Sie kann leicht zitiert werden, aber es ist schwierig, danach zu handeln. Deshalb beendet Jesus seine Predigt mit einigen Warnungen.

Die enge Pforte
„Geht hinein durch die enge Pforte“, rät Jesus. „Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind’s, die auf ihm hineingehen. Wie eng ist die Pforte undwie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind’s, die ihn finden!“ (V 13-14).

Der Weg des geringsten Widerstandes führt in den Untergang. Christusnachfolge ist nicht der beliebteste Weg. Ihn zu gehen bedeutet, sich selbst zu verleugnen, eigenständig zu denken und die Bereitschaft, im Glauben voranzugehen, auch wenn es sonst niemand tut. Wir können nicht mit der Mehrheit gehen. Wir können auch nicht eine erfolgreiche Minderheit bevorzugen, nur weil sie klein ist. Beliebtheit oder seltenes Vorkommen sind kein Maßstab für die Wahrheit.

„Seht euch vor vor den falschen Propheten“, warnt Jesus. „... die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe“ (V.15). Falsche Prediger vermitteln äußerlich einen guten Eindruck, aber ihre Motive sind eigennützig. Wie können wir sagen, ob sie falsch sind?

„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.” Es mag einige Zeit dauern, aber schließlich werden wir erkennen, ob der Prediger versucht, einen Vorteil für sich daraus zu ziehen, oder ob er wirklich anderen dient. Der Anschein kann eine Zeit lang trügen. Die Arbeiter der Sünde versuchen, wie Engel Gottes auszusehen. Selbst falsche Propheten sehen zeitweilig gut aus.

Gibt es einen schnelleren Weg, das herauszufinden? Ja, den gibt es – Jesus wird gleich anschließend darauf eingehen. Aber vorher warnt er die falschen Propheten: „Jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen“ (V. 19).

Auf Fels bauen
Die Bergpredigt endet mit einer Herausforderung. Nachdem die Leute Jesus gehört hatten, mussten sie entscheiden, ob sie gehorsam sein wollten. „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel“ (V. 21). Jesus deutet damit an, dass jeder ihn Herr nennen muss. Aber Worte allein reichen nicht aus.

Nicht einmal Wunder, die in Jesu Namen getan werden, sind genug: „Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen böse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Wunder getan? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie gekannt; weicht von mir, ihr Übeltäter!“ (V. 22-23). Hier deutet Jesus an, dass er die ganze Menschheit richten wird. Die Menschen werden sich vor ihm verantworten und es wird beschrieben, ob es für sie eine Zukunft mit oder ohne Jesus geben wird.

Wer kann gerettet werden? Lesen Sie das Gleichnis vom klugen und törichten Hausbauer: „Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, ...“ / Jesus setzt seine Worte auf die gleiche Stufe wie den Willen seines Vaters. Alle müssen Jesus genauso gehorchen, wie sie Gott gehorchen. Die Leute werden entsprechend ihrem Verhalten gegenüber Jesus gerichtet. Wir alle versagen und brauchen Barmherzigkeit und diese Barmherzigkeit findet sich bei Jesus.

Wer auf Jesus baut, „der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf Fels gegründet“ (V 24-25). Wir müssen nicht auf den Sturm warten, um zu wissen, was schließlich dabei herauskommen wird. Wer auf schlechten Untergrund baut, wird großen Schaden erleiden. Jeder, der versucht, sein geistliches Leben auf einen anderen Grund zu setzen als auf Jesus, baut auf Sand.

„Und es begab sich, als Jesus diese Rede vollendet hatte“, dass sich das Volk entsetzte über seine Lehre; denn er lehrte sie mit Vollmacht und nicht wie ihre Schriftgelehrten“ (V. 28-29). Mose sprach im Namen des HERRN und die Schriftgelehrten sprachen im Namen Moses. Aber Jesus ist der Herr und sprach mit eigener Autorität. Er beanspruchte, die absolute Wahrheit zu lehren, Richter der gesamten Menschheit und der Schlüssel zur Ewigkeit zu sein.

Jesus ist nicht wie die Gesetzeslehrer. Das Gesetz war nicht umfassend und Verhalten allein reicht nicht aus. Wir brauchen die Worte Jesu und er stellt die Anforderungen auf, die niemand aus eigener Kraft erfüllen kann. Wir brauchen Barmherzigkeit, mit Jesus können wir zuversichtlich sein, diese zu erhalten. Unser ewiges Leben hängt davon ab, wie wir auf Jesus reagieren.


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