Der Auferstehungsbericht des Johannes
Von Eric Shaw

Der Auferstehungsbericht im Johannes-Evangelium zeigt sowohl die Glaubensentwicklung einzelner aus verschiedenen Perspektiven, aber wir sehen auch die Liebe Gottes in Aktion, weil Gott jeden Glaubenden auf seiner individuellen Glaubensebene in Bezug auf den auferstandenen Jesus ansprach.

Einleitung
Vor der Kreuzigung waren die an Jesus Glaubenden überzeugt, dass sie in ihm den Messias gefunden hatten, der Israel von der Unterdrückung durch die Römer befreien würde. Als sie jedoch Jesus gekreuzigt sahen (Joh 19,16-32), verwandelte sich ihr „Glaube“ in Zweifel. Was bedurfte es, um die in ihrem Kopf herum wirbelnden Fragen zu ordnen?

Gott begegnete jedem einzelnen an seinem spezifischen Verwundungspunkt, um ihren Glauben erneut an den auferstandenen Herrn zu knüpfen. Er wusste, was erforderlich war, um die jeweilige Lücke des einzelnen zwischen dem Leben Jesu vor dem Kreuz und dem Jesus nach der Kreuzigung zu überbrücken. Es ist die Brücke, die jeder Glaubende erfahren muss. Dies geschieht, wenn wir dem Auferstandenen begegnen und ihn verstehen.

In den Auferstehungsereignissen sehen wir eine Entwicklung der Bekenntnisse. Das erste Ereignis in der Schilderung zeigt einen einfachen, vertrauenden Glauben mit einer einfachen Tat (Joseph und Nikodemus zeigen den Mut, sich um den Leichnam Jesu zu kümmern, Joh 19,38-42).  

Dann sehen wir in jedem folgenden Ereignis eine Fortentwicklung, bis Thomas die Narben sieht und glaubt (Joh 20,27). Thomas kommt nicht nur zu dem Punkt eines klaren Bekenntnisses, sondern auch zur Verehrung - er nennt Jesus „Gott“ (V. 28

Beisetzung des Leichnams Jesu (19,38-42
Dieses Ereignis umfasst drei Schritte: die an Pilatus gerichtete Bitte um den Leichnam Jesu, die Vorbereitung des Leichnams für die Beisetzung und das Begräbnis.

Der Schauplatz: ein Garten und ein neues Grab innerhalb dieses Gartens. Die Charaktere (Hauptdarsteller): Joseph von Arimathäa und Nikodemus (sie beide symbolisieren gläubige Jünger im embryonalen Stadium - in den ersten Entwicklungsstufen).

Bei Joseph und Nikodemus veränderte der Tod Jesu ihren heimlichen Glauben zum offenen Bekenntnis - eine neue Ebene des Glaubens an Jesus. Sowohl Joseph als auch Nikodemus bekannten ihren Glauben an Jesus, als sie hinausgingen und sich um seinen Leichnam bemühten. Joseph ging wegen des Leichnams zu Pilatus. Ein heimlicher Jünger, der die Juden fürchtete, zeigte Loyalität, als er ihn um den Leichnam Jesu bat, um ihn zu begraben. Nikodemus „brachte eine Mischung von Myrrhe und Aloe, etwa hundert Pfund" (V. 39). Auch er unterstützte Jesus öffentlich. Nikodemus kam früher bei Nacht zu Jesus. Symbolisch kam er aus der Dunkelheit der Nacht in das Licht Jesu, als er sich in eine aktive Stütze verwandelte

Jesu Tod verwandelte den geheimen Glauben der beiden Glaubenden in eine aktive Reaktion öffentlichen Engagements. Markus berichtet von Joseph: „der wagte es, ging zu Pilatus hinein und bat um den Leib Jesu" (Mk 15,43). Das Sterben Jesu motivierte zwei Glaubende zu riskieren, sich um Jesu Leichnam zu bemühen.

Nicht, dass diese Männer Anerkennung suchten, als sie sich um das Begräbnis bemühten. Joseph von Arimathäa wird „ein reicher Mann“ (Mt 27,57), „ein angesehener Ratsherr“ (Mk 15,43) und „ein guter und gerechter Mann“ (Lk 23,50) genannt. Er genoss bereits Anerkennung und Bestätigung.

Matthäus, Markus und Lukas heben das Achtenswerte an diesem Begräbnis hervor. Jesus, gekreuzigt als gemeiner Verbrecher, wurde ein anständiges Begräbnis gegeben. Obwohl keins der Evangelien diese „Jünger“ Glaubende nennen, scheinen beide loyale Anhänger zu sein. Markus und Lukas sagen, dass Joseph von Arimathäa „selbst auch auf das Reich Gottes wartete“ (Mk 15,43; Lk 23,51).

Die Schilderung des Begräbnisses drückt zwei interessante Symboliken aus. Der erste Mann, Adam, wurde in einen Garten gesetzt (1. Mose 2,15). Jesus wurde in ein Grab in einem Garten beigesetzt (Joh 19,41), wo sein Körper zu neuem Leben erweckt werden sollte. Ein Garten ist ein Ort, an dem neues Leben hervorsprießt.

Auch wurde Jesus von einer Jungfrau in menschlicher Gestalt geboren (Mt 1,23). Er wurde in ein neues, „jungfräuliches“ Grab gelegt („in das noch niemand gelegt worden war“, Joh 19,41; Mt 27,60), von welchem er zu einem neuen, verherrlichten Leben auferstehen sollte.

Auferstehung; ein Jünger glaubt, ohne gesehen zu haben (20,1-10)
Dieses Ereignis schließt die zum Grab gehende Maria Magdalena ein. Maria geht und berichtet Petrus, und dem „Jünger, den Jesus liebte“. Die Jünger bestätigen, dass der Leib verschwunden ist und kehren nach Hause zurück. Der Kern ist, wenn Petrus und der „Jünger, den Jesus liebte“ bestätigen, dass der Leib fehlt, dass der „Jünger, den Jesus liebte“, glaubt, ohne zu sehen.

Der Schauplatz: der erste Tag der Woche und das leere Grab. Die Charaktere: Maria Magdalena, Simon Petrus, der „Jünger, den Jesus liebte“, und „wir“.

Über die „wir“ wird hier nicht näher eingegangen, aber in den synoptischen Evangelien werden noch weitere Frauen angeführt, die Maria begleiteten (Mt 28,5; Mk 16,1; Lk 24,10). Maria Magdalena, Simon Petrus und der „Jünger, den Jesus liebte“, sind „round characters“ (Hauptdarsteller) in diesem Ereignis. Das heißt, ihre Emotionen gehen hinauf und hinunter, während die Erzählung voranschreitet. Wir sehen alle drei an irgendeinem Punkt der Geschichte laufen (Maria, Johannes 20,2; zwei Jünger, V.4).

Es liegt etwas Symbolisches in diesem hastigen Laufen, um den Herrn zu finden, zu dem wir den Kontakt verloren haben. Alle drei dieser Glaubenden zeigten den intensiven Wunsch, Jesus zu finden. Dieser Kontrast mit der Routine des Lebens ist vorbildlich für die entzündete Leidenschaft, wenn wir nach dem Heiland suchen.

Maria Magdalena kam zum Grab und fand es leer. Sie berichtete das Petrus und dem „Jünger, den Jesus liebte“. Die zwei Jünger gingen, um die Sache zu bestätigen (V.1-3). Einfach das zu verknüpfen, was Jesus in Bezug auf das leere Grab und was mit ihm geschehen würde, gesagt hatte. Dies genügte dem „Jünger, den Jesus liebte“ (V.8), als Glaubensbeweis. Aber für Petrus und Maria reichte das nicht aus.

Mit diesem Ereignis, dem ersten Tag der Woche (V.1), beginnen die Nachfolger Jesu sich von den übrigen abzuheben. Es liegt eine Symbolik darin, dass am ersten Tag, dem Anfang einer neuen Woche ein neuer Anfang stattfand. Nach dem Alten Bund hatten die Juden den letzten Tag der Woche (den Sabbat) als etwas Wichtiges eingehalten. Jesus setzte den ersten Tag der Woche als Anfang eines neuen Lebenswegs. Dieser Kontrast symbolisiert den Unterschied zwischen einem Bund des Gesetzes und des Todes, der auf das Letzte [das Ende] gerichtet ist, und einem Bund der Gnade und des Lebens, der [einen neuen] Anfang feiert.

Die durch das leere Grab dargestellte Auferstehung ist der Kern der ganzen Serie von Auferstehungsberichten. Die anderen Ereignisse füllen mit ihren Details das Bild aus und geben so der Auferstehungsgeschichte die volle Bedeutung.

Alle Autoren der vier Evangelien unterstreichen die Bedeutung dieser Symbolik, indem sie dieses Ereignis aufnehmen, das am ersten Tag der Woche stattfindet. Sie alle sahen es offensichtlich als wichtig an. Matthäus sagt: „Nach dem Sabbat aber, als der erste Tag der Woche anbrach“ (28,1); Markus sagt: „als der Sabbat vorüber war“ (16,1), und Lukas berichtet: „Am ersten Tag der Woche“ (24,1). Johannes berichtet: „am ersten Tag der Woche ... als es noch finster war“ (20,1). Bei allen anderen Unterschieden zwischen der Weise, in der die Autoren der Evangelien das Leben und Wirken von Jesus berichten, ist interessant zu beachten, dass jeder betont, dass sich die Auferstehung Jesu am ersten Tag der Woche ereignete.

Das offene Grab (V.1) ist ein anderer Kontrast. Jemand konnte hineinsehen und feststellen, dass der Tod keine Kraft mehr hatte. Ein versiegeltes Grab symbolisiert die Herrschaft des Todes als Endziel. Aber das offene Grab wies darauf hin, dass der Tod jetzt das Opfer des Lebens geworden war.

Die Geschichte symbolisiert das Herauskommen aus der Dunkelheit in das Licht. Maria ging zum Grab, während es immer noch dunkel war (V.1). Sie suchte Jesus aus der Sicht der Dunkelheit. Wir beginnen alle, Jesus zu suchen, während wir in der Dunkelheit sind. Er führt uns in das Licht, wo wir ihn eindeutig finden und sehen.

Eine Verursachung ist in Vers 2 einbezogen, „da“ läuft sie. Die Ursache war das, was sie sah, das leere Grab. Die Wirkung war „sie lief“. Das physische Leben ist ein Rennen mit dem Tod und ein Rennen, um das wahre Leben zu finden, bevor uns der Tod einfängt. Symbolisch machten Petrus und der „Jünger, den Jesus liebte“, ein Wettrennen (V.4), um zu sehen, was aus dem Tod geworden war. Sie wussten es zu der Zeit nicht, aber sie machten ein Wettrennen, um Beweise zu sehen, dass der Tod besiegt worden war Der „Jünger, den Jesus liebte“, stellt einen vorbildlich an Jesus Glaubenden dar, einen, der ohne zu sehen glaubt. Er kommt als erster am Grab an, lässt aber den anderen Jünger vor ihm in das Grab gehen. Der „Jünger, den Jesus liebte“, glaubte, als er das leere Grab sah (V.8). Er begriff, was Jesus ihnen gesagt hatte. Dies ist der Kern des Ereignisses, der von detaillierten Beweisen über das Geschehene umrahmt wird. Dies ist in dramatischem Kontrast zum Höhepunktereignis der Auferstehungsschilderung, wo Thomas den Beweisen auf eine dramatische visuelle Weise gegenübergestellt werden muss, bevor er glaubt, (V.27-28).

Dieses Ereignis beginnt mit Maria, die vor Tageslicht trauernd am Grab erscheint und nachforscht. Die Aufregung steigert sich noch in dem Bericht, als der Leib fehlt (V.2). Beide Jünger laufen (V.4) mit Leidenschaft, um den Bericht zu überprüfen. Das Ereignis endet mit einem Jünger, der glaubt (V.8), und mit zwei, die nach Hause gehen (V.10). Suchen und Trauern führt zu Leidenschaft und Gewissheit.

Marias Bericht, dass der Körper verschwunden war (V.2), ist ein zentraler Punkt in der Auferstehungsgeschichte, weil das leere Grab das erste Anzeichen für eine Auferstehung ist. Der Fokus verschiebt sich von „Jesus ist tot“ zu „Was ist mit dem Leib geschehen?“

Der Wissbegierde erklärt das Rennen zum leeren Grab (V.4.8). Die ersten, die ankommen, sind auch die ersten, die verstehen und glauben, was geschehen war. Zweifellos war er [„der Jünger, den Jesus liebte“] der eine, der sich immer sehr bemüht hatte, Jesus zu verstehen. Er war Jesus am nächsten und verstand seine Worte.

Obwohl alle diese drei Personen Jesus suchten, war nur eine in der Lage, die Bedeutung der Auferstehung an dieser Stelle zu erfassen. Ironie findet sich im Lukasbericht, Lukas 24,5: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ Matthäus bringt einen Kontrast herein, indem er spricht von „Furcht und großer Freude“ (28,8). Diese beiden Autoren entwickeln die emotionale Qual dieser Charaktere.

Jesus erscheint der Maria Magdalena (20,11-18)
Das in diesen Abschnitt einbezogene Ereignis ist die Nachforschung der Maria (V.13). Maria erkennt Jesus, als er ihren Namen rief (V.14-16). Dann berichtet Maria den Jüngern (V.18).

Der Schauplatz: außerhalb des Grabs im Garten (V.11) und die Verkündigung an die Jünger (V.18). Die Charaktere: Maria Magdalena, Jesus, zwei Engel und die Jünger.

In dieser Situation sind Maria und Jesus „runde“ Darsteller (wie sie Powell definiert), da sie verschiedene Seiten und Emotionen darstellen. Die Engel und die Jünger sind normale Darsteller. Die Engel erfüllen einen bestimmten Zweck in der Szene; die Jünger empfangen den Bericht.

Maria erlebt einen Kontrast, und zwar vom Weinen am Anfang (V.11) zur Freude am Ende (V.18), nachdem sie Jesus erkannte (V.16).

Jesus zu erkennen, begann bei Maria, als er ihren Namen rief (V.16). Sie erkannte nicht seine Stimme, bis er ihren Namen rief. Jesus ihren Namen rufen hören, war erkennbarer, als ihn körperlich zu sehen. Jesus begegnete Maria auf der gebotenen Ebene, um ihren „beschränkten Glauben“ zum offenen Bekenntnis zu führen. Dann untermauerte Jesus ihren vertrauenden Glauben dadurch, dass er ihr sagte, er gehe zum Vater (V.17). Maria ging und verkündete den Jüngern: „Ich habe den Herrn gesehen“ (V.18).

Für heutige Leser dieser Proklamation mag diese dramatische Wirkung minimal ausfallen. Wir glauben, dass die Auferstehung stattfand. Jedoch waren die Nachrichten der Maria an die Jünger, die immer noch mit dem Geschehenen kämpften, entsetzlich und unglaublich. Lukas 24,11 berichtet, dass die Apostel dachten, diese Worte seien „nur ein Märchen“. Lukas zeigt, wie weit die Jünger in ihrem Verständnis doch noch entfernt waren.

Wir sehen eine Ironie in der Tatsache, dass Maria Jesus sucht und an ihn geradeaus ansieht, aber denkt, dass er der Gärtner ist (Joh 20,15). In Johannes 15 vergleicht sich Jesus mit dem echten Weinstock, und Gott ist der Weingärtner. Sie sieht ihn nicht nur an, sie führt auch den Dialog mit ihm fort. Dies geschieht dadurch, dass er ihren Namen ruft (V.16), dass sie „sieht“ und glaubt.

Derjenige, den sie sucht, steht vor ihren Augen, aber es ist ein Schleier über ihren Augen, bis Jesus sie bei ihrem Namen ruft. Mark Allan Powell definiert dies in WhatIs Narrative Criticism? (Was ist erzählende Kritik? Minneapolis: Fortress, 1990), als Situationsironie (eine Ironie, die sich aus einer bestimmten Situation heraus ergibt). Es gibt das Element der „Unbewusstheit“. „In der Situationsironie sind die Menschen die unwissenden Opfer; sie wissen nicht, dass sie ironisch sind“ (S.30).

Einen Punkt dieser Symbolik finden wir in 1. Mose 3,1-5 - die Schlange (Satan) redete mit der Frau im Garten. In der Auferstehungsgeschichte ist es Jesus, der mit der Frau im Garten redet (Joh 20,14-17).

Eine dramatische Anrede wird verwendet, als Jesus Maria mit „Frau“ anredet (V.13). Er fährt fort mit einer Frage: „was weinst du?“ (V.13).

Jesus erscheint den Jüngern, Thomas fehlt (20,19-23)
Bei diesem Ereignis, wo Jesus den Jüngern erscheint, sehen wir eine Gruppe von Anhängern; sie halten sich aus Furcht in einem geheimen Zimmer auf. Sie werden nun beauftragt und freuen sich - ein Bild des dynamischen Kontrasts. Jesus ging mit den Jüngern weiter und bewies ihnen, dass er der auferstandene Herr war. Sie waren möglicherweise schwieriger zu überzeugen. Aber Jesus hatte eine Aufgabe für, die verlangte, dass sie sich stets an die Auferstehung erinnerten.

Die Jünger freuten sich (waren froh, V.20) und zeigten eine tiefe emotionale Annahme. Jesus schenkte ihnen Vertrauen, indem er ihnen zeigte, dass sie gesandt würden, wie der Vater ihn gesandt hatte, und indem er ihnen zeigte, dass sie in der Lage wären, zu tun, was er getan hatte: vergeben (V.21). In Verbindung mit ihrer Ernennung hauchte er sie an und weist auf das Geschenk des Heiligen Geistes hin (V.22).

Die Ereignisse schließen Jesus ein, der durch verschlossene Türen geht, die Freude der Jünger und Jesus, der kommt, um die Jünger zu beauftragen. Der Schauplatz: der Abend am ersten Tag der Woche hinter verschlossenen Türen aus Furcht vor den Juden (V.19). Die Charaktere: Jesus, die Jünger und die Juden.

Die Juden sind „flache“ Darsteller, da sie nur erscheinen, um Furcht zu verbreiten. Sie versetzen auch Joseph von Arimathäa in Furcht (19,38). Jesus und die Jünger sind „round“; mit dem Fortgang der Geschichte zeigen sie unterschiedliche Emotionen.

Wieder heben Jesus (und der Autor) den ersten Tag der Woche (20,19) hervor, um den Tag anzuzeigen, an dem sich die Christen zum Gottesdienst treffen.

Als Jesus erscheint, um das Vertrauen der Jünger zu entwickeln, zeigte er seine Macht über alles Physische, als er in ein Zimmer mit verschlossenen Türen eintritt. Er sprach „Frieden“, nicht Furcht zu den Jüngern (wieder ein Kontrast). Er zeigte als Beweise seine [Wundmale an] Seiten und Händen. Ebenso wie Thomas mussten sie diese sehen. Jesus zeigte, dass er über die Autorität des Gottes Israels verfügte, und er kraft dieser die Jünger damit beauftragte, in derselben Kraft zu gehen (V.21). Um ihren Glauben weiter zu stärken, hauchte er sie mit Heiligem Geist an (V.22).

Dieses Ereignis schließt eine Interkalation ein („die Einfügung einer literarischen Einheit inmitten einer anderen“, Powell, 33) – es fügt eine Kurzgeschichte inmitten der allgemeinen Aufzeichnung des größeren Ereignisses ein.

Das allgemeine Ereignis bewegt sich von der Furcht - und dem Ergebnis von Furcht, der Sklaverei in einem verriegelten Zimmer, V.19 - hin zu dem Ziel, dass Jesus die Jünger aussendet (V.21) – sie somit aus Sklaverei befreit und Frieden schenkt. Er sagt „Frieden“ (V.19) zu Anfang, als er sie von der Furcht befreit und nochmals, als er sie befreit und beauftragt (V.21) - eine Wiederholung als Betonung. Mitten drin befindet sich nun die [Kurz-]Geschichte darüber, wie Jesus seine Hände und seine Seite zeigt und die Jünger „froh sind“ (V.20). Die eingeschobene Geschichte ist ein zentraler Punkt, der das allgemeine Ereignis von einer negativen Situation (der Furcht) zu einer positiven (der Freude und des Auftrags) führt.

Die Geschichte schließt eine Verursachung ein, V.21. „Gleichwie“ und „so“ stellen eine Beziehung her zwischen Wirkung und Beweis (Powell, 33).

Lukas führt weiter aus, um zu zeigen, wie furchtsam die Jünger waren (24,37). Sie erschreckten und ängstigten sich, als Jesus erschien - ein Ausdruck ihres seelischen Zustands. Lukas nimmt auch eine Befragung der Jünger durch Jesus auf: „Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum steigen Zweifel auf in euren Herzen?“ (V.38). Er geht weiter und isst etwas, um zu demonstrieren, dass er immer noch mit ihnen verbunden ist (V.41-43).

Jesus erscheint den Jüngern, Thomas ist anwesend (20,24-29)
Thomas sagte, er müsste zuvor sehen, um zu glauben (V.25). Also begegnete Jesus ihm mit dem von ihm Geforderten, damit er glaubt. Jesus schenkte Thomas eine tiefe Überzeugung. Einige hatten schon geglaubt, ohne das von Thomas Geforderte zu sehen. Viele würden noch kommen. Fortschritt entwickelt sich durch eine Serie von Auferstehungsschilderungen. Dies ist das Crescendo. Es ist ein zentraler Moment in den Beispielen für Glaubensentwicklung als Folge der Auferstehung. Wir erfahren das Höchste an Überzeugung und Bekenntnis.

Es gibt eine hilfreiche Spiegelung in The Historical Jesus (Der historische Jesus) , von Gerd Theissen und Annette Merz (Minneapolis: Fortress, 1996): „Die Geschichte vom Zweifelnden [‚Ungläubigen‘] Thomas handelt von den Problemen der zweiten Generation von Christen, welche das österliche Zeugnis nur in der Form des Evangeliums von Johannes (als das Zeugnis vom Geliebten Jünger, 20,24-29) hat. Der Auftragsbefehl nach Johannes fokussiert auf der Grundlage der Kirche: Ostern und Pfingsten erscheinen als eine Einheit (20,19-23)“ (S.495). Spätere Generationen müssen ohne zu sehen glauben.

In diesem erzählenden Abschnitt wird Thomas informiert, dass die Jünger Jesus gesehen haben (V.25). Er sagt den anderen Jüngern, was er verlangt, um glauben zu können (V.24-25). Jesus begegnet den Jüngern, als Thomas anwesend ist (V.26). Jesus hat eine persönliche Begegnung mit Thomas (V.27-29). Thomas erklärt seinen Glauben (V.28). Schließlich kommentiert Jesus etwas gegenüber Thomas über den Glauben (V.29).

Die Verkündigung gegenüber Thomas, dass die anderen Jünger „den Herrn gesehen“ hatten, (V.25) muss dramatisch und entsetzlich gewesen sein. Er wusste, dass Jesus gekreuzigt worden war, aber er besaß keinerlei Beweise, dass Jesus irgendetwas anderes als tot war.

Thomas' Erklärung des Glaubens ist mächtig. Jedoch brachte Jesus erst die Realität zu Thomas‘ Glauben. Jesus zeigt, dass, obwohl Thomas' Überzeugung und Bekenntnis mächtig sind, sind sie doch nicht so mächtig, wie die von jemandem, der ohne zu sehen glauben kann (V.29) – wie die Handlung des vorbildlichen „Jüngers, den Jesus liebte“ (V.8).

Der Schauplatz für dieses Ereignis: eine Woche nach der ersten Begegnung mit den Jüngern in demselben Haus (V.26) (Wiederholung). Die Charaktere: Jesus, die Jünger, Thomas und „jene, die nicht gesehen und doch geglaubt haben“ (V.29).

Wenn eine Person „die meisten“ „Rounds“ (in Powells Definition) erreichen kann, dann würde sich Thomas qualifizieren.

Es gibt eine Untersuchung (Anwendung einer Frage oder eines Problems, gefolgt von seiner Antwort oder Lösung; Powell, 33) in V.29: „Glaubst du, weil du mich gesehen hast? Glückselig sind, die nicht sehen und doch glauben

Diese Auferstehungsschilderung zeigt Kreuzigung und Auferstehung auf lebhafteste Weise. Thomas glaubte, weil er auf lebhafte Weise sah. Sogar jene, die Beweise vor Thomas‘ Begegnung mit Jesus sahen, sahen nicht in einer solch direkten Weise wie Thomas. Joseph von Arimathäa und Nikodemus sahen den toten Körper (19,40). Der Jünger, den Jesus liebte, sah das leere Grab (20,8). Maria Magdalena sah Jesus, aber erkannte ihn nicht, bis er ihren Namen rief (V.16). Die Jünger (Thomas war nicht anwesend) sahen Jesus und seine Narben (V.20). Aber Thomas erhielt die königliche Behandlung, als er mit Jesus persönlich sprach (V.27) – ihm wurde „ein tausend Worte wertes Bild“ gegeben.

Sobald er auf eine solch lebhafte Weise sah, meinte er nicht mehr, dass er berühren müsste, was seine frühere Voraussetzung gewesen war. Die Heilige Schrift berichtet, dass er sich in Jesu Gegenwart verwandelte, als er bekannte: „mein Herr und mein Gott“ (V.28).

Zweck: Das für den Glauben eines jeden Nachfolgers Notwendige dokumentieren (20,30-31)
Die Charaktere: Jesus, die Jünger und „Sie“. Der Schauplatz: das Leben Jesu. Jesus wird als ein „rounder“ Darsteller gesehen; die Jünger und "Sie" sind Reservisten, die einen Gruppenzweck erfüllen.

In jedem Fall wurde dem(n) Nachfolger(n) in der Auferstehungsschilderung gegeben, was sie als Bestätigung über den Tod und die Auferstehung von Jesus brauchten, damit sie glauben, dass Jesus der Erlöser [Retter, Heiland] ist.

Diese Serie von Schilderungen zeigt, dass Jesus uns dort begegnet, wo es notwendig ist, uns zum Glauben zu bringen und unser Vertrauen zu stabilisieren. Jede erzählende Geschichte zeigt die einzigartige Weise, wie Jesu Tod und Auferstehung das Engagement für ihn in seinen Nachfolgern belebt. Obwohl Jesus das Wort „Glauben“ nur bei Thomas verwendet, ist doch die Richtung von jeder der vorherigen Erzählungen darauf fokussiert, den Glauben von bestimmten Charakteren in der Schilderung zu entwickeln.

Hier ist die „Zweckangabe“ von diesen Schilderungen. Das Buch Johannes definiert den Grund für das Aufnehmen dieser Ereignisse: „Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus, der Sohn Gottes ist, und dass ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen“ (V.31).

Anmerkungen zu den Berichten
Wiederholung und Fortentwicklung sind offensichtlich in den Schilderungen. Wiederholungen bauen sich auf zu einem Crescendo. Jede Wiederholung der Geschichte wird mächtiger, durch ihre Einfachheit, was Joseph von Arimathäa und Nikodemus tun, zum "Bild, das tausend Worte wert ist", das Jesus Thomas schenkt. Der Autor baut in jedem einzelnen Fall Vertrauen auf. Die Verwendung der Serie von Schilderungen kommt in Thomas zu einem Höhepunkt.

Wir erleben Beweisführung durch das Beispiel. Jede Schilderung in der Serie ist ein Beispiel dafür, Glauben in den Nachfolgern zu errichten. Das wiederholte Beispiel baut eine feste Grundlage für das, woran der Autor arbeitet. Die Schilderungen zeigen eindeutig, dass Jesus das Notwendige tat, um jeden Charakter zum Glauben zu führen, und dass er dasselbe für uns alle tut.

Der vom Autor benutzte erzählende Stil sagt uns nicht nur, was in der Geschichte geschieht, sondern zeigt uns auch in lebhafter Handlung die Emotionen und die Reaktion der Charaktere. Diese Handlungsorientierung fügt der Geschichte im Denken des zukünftigen Lesers Wirkung hinzu.

Es gibt ein Chiasmus (literarische Anordnung von vier Elementen über Kreuz), welche die Schilderungen wie ein Streifen zusammenbindet. Er beginnt mit Furcht vor den Juden (19,38), geht über den Garten (V.41) zum Grab (V.41-42; 20,1-4.6.8.11), zurück zum Garten (V.15 - Gärtner lässt auf einen Garten schließen) und zuletzt wieder zurück zu der Furcht vor den Juden (V.19.26 - das Verschließen der Türen weist auf Furcht hin). Dieser Chiasmus weist auf die Wichtigkeit des Grabs in der Auferstehungsgeschichte hin. Es ist das Zentrum des Chiasmus, von dem wiederholt gesprochen wird, während keine der anderen Teile des Chiasmus in derselben Weise wiederholt werden.

Das belegte und versiegelte Grab war das Symbol des Todes. Aber das offene und leere Grab war das Symbol, dass der Tod besiegt worden war.

Es gibt eine Fortentwicklung von Anerkennung und Bekenntnisgrad in diesen Ereignissen. Wir sehen die Fortentwicklung, angefangen vom Erkennen von Jesus und mit dieser Fortentwicklung zu einem tieferen Bekenntnis von Jesus.

Joseph und Nikodemus sehen Jesu Tod und gehen von heimlicher Verehrung zum offenen Bekenntnis (19,38-42). Der „Jünger, den Jesus liebte“ bewegt sich von Verwirrung zum stillen Glauben, als er merkt, dass das Grab leer ist (20,3-9). Marias Weinen und Verwirrung verwandeln sich zum offenen Bekenntnis zu Jesus, als sie den Jüngern sagt, dass sie den Herrn gesehen hat; für sie ist Jesus ihr Lehrer und Herr (V.11-16). Bei den Jüngern wandeln sich Furcht und Verwirrung in Jubel, und die Kommunikation mit dem auferstandenen Herrn führt zur Beauftragung, hinzugehen, wie Jesus vom Vater gesandt worden ist (V.19-23). Thomas bewegt sich von aktiv erklärtem Zweifel zum offenen Bekenntnis (Glauben) und zur Gottesverehrung. Für ihn ist Jesus nicht nur Herr, sondern auch Gott (V.24-29).

Während sich die Schilderungen entwickeln, bringt Jesus seine Nachfolger von der Verborgenheit und Dunkelheit zum Licht und zur Freiheit. Joseph von Arimathäa war ein heimlicher Anhänger (19,38). Nikodemus kam zuerst bei Nacht zu Jesus (V.39). Und doch kamen diese beiden „Anhänger“ heraus ins Freie, um sich um Jesu Leichnam zu kümmern. Maria kam zum Grab, „während es noch dunkel war“ und suchte Jesu Leib (20,1). Über Maria hing noch ein Schleier von Dunkelheit, als Jesus ihr im Garten erscheint. Sie erkennt ihn nicht.

Die Jünger treffen sich am Abend in einem verschlossenen Zimmer, als Jesus das erste Mal erscheint (V.19). Und die Jünger sind wieder in einem verschlossenen Zimmer, als Jesus ihnen begegnet und mit Thomas persönlich redet (V.26). Die Jünger sind in der Sklaverei der Furcht. In jedem Fall ist Jesus der Katalysator, der Licht und Freiheit bringt

Es gibt auch eine Entwicklung der Ausdrucksfähigkeit bei den Charakteren, während die Geschichte voranschreitet. Die Schrittzunahmen und Emotionen werden stärker. Die sozialen Szenen werden intensiver, und das Interesse wächst.

Schlussfolgerung
Die Auferstehungsschilderung ist aus der Perspektive eines Erzählers in der dritten Person geschrieben, der den implizierten Leser in die Szenen und die Handlung führt. Der implizierte Autor dieser Ereignisse erfüllt den Zweck, die Ereignisse in sein Evangelium aufzunehmen, wie er in Johannes 20,31 sagt. Dem implizierten Leser wird die Glaubensbasis gegeben. Die Wirksamkeit von der erzählenden Form zeigt sich darin, wie die Geschichte gestaltet ist, um in farbiger Handlung zu leben.

Da wir sehen, wie Jesus auf die Bedürfnisse jedes Charakters in der Schilderung einging, können wir Vertrauen haben, dass er heute jeden Jünger zu den spezifischen Antworten führt, die wir glauben müssen. Wir müssen nicht fürchten, darum zu bitten, dass unser Glaubensbedarf gedeckt wird. Thomas war ziemlich einfach. Wir könnten ihn für etwas schwierig halten. Aber Jesus deckte bereitwillig seinen Bedarf, so dass er glauben und das Leben haben konnte. Wir können zuversichtlich sein, dass er in seiner Liebe für uns dasselbe tut.

Eric Shaw, der Verfasser (He has a Master of Arts in Religion degree from Azusa Pacific University), war Pastor der Community Life Fellowship, der WKG-Gemeinde in Altadena, Kalifornien, USA. (Engl. Original: The Resurrection Story in John)

Bibelübersetzung: Genfer mit Schlachter NT 2000)


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