Miteinander statt Gegeneinander
Von Santiago Lange
Als Christen sollten wir von Herzen danach streben, unserem älteren Bruder, Erlöser und Hohenpriester nachzufolgen. Und wenn wir in der Nachfolge Jesu Christi leben wollen, betrifft dies alle Facetten unseres täglichen Lebens. Dazu zählt auch der richtige Umgang mit unserer Zunge.
In den Psalmen schreibt David darüber, wie Gott seine „Zunge“ gebraucht, bzw. seine Worte in dem Buch gesetzt hat, das wir die Bibel nennen. „Die Worte des HERRN sind lauter wie Silber, im Tiegel geschmolzen, geläutert siebenmal“ (Ps 12,7). Ganz anders redet da der Apostel Jakobus über den „menschlichen“ Umgang mit der Zunge: „Denn wir verfehlen uns alle mannigfaltig. Wer sich aber im Wort nicht verfehlt, der ist ein vollkommener Mensch und kann auch den ganzen Leib im Zaum halten“ (Jak 3,2).
Im täglichen Leben werden wir uns immer wieder in Situationen wiederfinden, in denen wir herausgefordert werden, unsere Worte in der Gesinnung Jesu Christi zu benutzen und nicht den „menschlichen“ Maßstäben zu folgen. Besonders herausfordernd kann in diesem Zusammenhang eine Gesprächsform sein, die wir allgemeinhin als „Diskussion“ bezeichnen.
Wie ist es mit Ihnen? Waren Sie je in eine Diskussion oder eine Auseinandersetzung verwickelt? Wahrscheinlich schon, schätze ich. Ob zu Hause, bei der Arbeit oder selbst in der Gemeinde – die meisten von uns, wenn nicht alle, haben irgendwann in ihrem Leben mit jemand über etwas „diskutiert“. Aber was ist eigentlich eine „Diskussion“? Der Begriff kann verschiedene Bedeutung haben. Hier nur zwei mögliche Definitionen: Eine Diskussion kann ein Meinungsaustausch zwischen zwei oder mehr Personen sein, die unterschiedlichen Ansichten über ein Thema haben. Oder man kann eine Diskussion auch als Streitgespräch, als Auseinandersetzung, definieren. Wenn mehrere Personen mit unterschiedlichen Gedanken, Interessen und Vorgeschichten zusammenkommen, besteht oft ein Potential für eine Diskussion – entweder in Form eines Meinungsaustausches, der sehr positive Ergebnisse haben kann oder in Form eines Streitgespräches. Wenn wir diskutieren, stehen Beziehungen auf dem Spiel. Wir kennen das Sprichwort: „Vorbeugen ist besser als heilen“. Wenn das so ist, gibt es dann vorbeugende Maßnahmen, die wir ergreifen können, um klug mit schwerwiegenden Diskussionen umgehen zu können, in die wir künftig verwickelt werden können? Die Antwort ist Ja! Werfen wir einen kurzen Blick auf fünf Meinungsverschiedenheiten.
Lesen wir Epheser 4,26: „Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“ Ist es möglich, mit Recht zornig zu sein und nicht zu sündigen? Nun, ich denke, die Antwort, die uns der Autor des Epheserbriefes gibt, ist recht klar. Ja, wir können manchmal mit Recht zornig sein, aber wir sollen nicht sündigen. Wir werden ermahnt, „die Sonne nicht untergehen zu lassen über unserem Zorn“. Mit anderen Worten: Wir sollen nicht zulassen, dass unser gerechter Zorn uns verzehrt und mit der Zeit Groll anwachsen lässt. Wenn wir einmal zornig werden, sollten wir bestrebt sein, dieses intensive Gefühl unter Kontrolle zu halten. Gott warnt uns viele Male in seinem Wort vor heftigen, ungehemmten Gefühlsausbrüchen – ich weiß, dass ist leichter gesagt als getan –, besonders wenn wir von einer bestimmten Ansicht tief überzeugt sind. Doch wir müssen lernen, unsere Wut oder Empörung zu zügeln, wenn wir mit etwas konfrontiert werden, das wir als böse ansehen. Eine gute Methode, unseren Zorn auszugleichen, ist, an die Worte in Epheser 4,32 zu denken: „Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.“ Wir müssen darauf achten, jeden Konflikt mit angemessener Demut anzugehen.
In Prediger 3,1 lesen wir: „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“ Ist es nicht so, dass wir oft Zeit oder Ort falsch wählen, um unsere Meinungsverschiedenheiten auszutragen? Dies ist ein Aspekt, bei dem wir Klugheit und Vernunft walten lassen müssen. In der Öffentlichkeit zu diskutieren dürfte zum Beispiel nicht immer die beste Methode sein oder die besten Ergebnisse bringen. Wir sollten nie Angehörige oder Freunde abkanzeln (übrigens auch sonst niemanden) – besonders nicht vor anderen Leuten. Mit öffentlichen Wortgefechten verschaffen wir uns nicht den nötigen Respekt und zeigen gewiss keinen Respekt vor anderen. Öffentliches „Herunterputzen“ kann eine Beziehung enorm schaden. Eheleute sollten ernste persönliche Diskussionen privat abmachen, außer natürlich wenn sie Beratung brauchen. Es kann zuweilen recht peinlich sein – und ich bin mehr als einmal in solchen Situationen gewesen –, wenn man mit Freunden ausgeht und plötzlich sprachloser Zeuge eines erbitterten Ehestreits wird. Solche Dinge gehören sich nicht.
Nehmen wir eine andere Situation. Im Fall von Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Kirche sollten wir nie zulassen, dass unsere Ortsgemeinden Schauplätze ungehemmter Ringkämpfe werden. Ich glaube nicht, dass Gott dadurch Ehre erwiesen wird, dass man lautstarke Aufführungen dieser Art zulässt. Sicher gibt es Zeiten, in denen man auf verantwortungsvolle Weise öffentliche Debatten oder Diskussionen abhalten kann, um bestimmte Themen zu besprechen. Doch sollten wir, wenn sich solche Gelegenheiten bieten, unsere Meinung immer bedächtig und auf christliche Weise vorbringen. Wenn wir uns das nächste Mal genötigt fühlen, uns auf eine Diskussion einzulassen, sollten wir uns fragen: „Ist jetzt die richtige Zeit? Oder ist dies der richtige Ort?“
Äußern Sie nie unbegründete Vermutungen über andere Menschen oder eine Situation. Aufgrund der emotionalen Natur vieler Diskussionen tappen wir manchmal in die Falle, dass wir die eigentlichen Themen aus den Augen verlieren. Haben wir nie in der Hitze der Diskussion frühere Verfehlungen anderer Leute aufs Tapet gebracht – real oder nicht? Ich muss gestehen, dass ich hierin schuldig gemacht habe, obwohl ich natürlich versuche, solche Fehler zu vermeiden. Die Methode, alte Kamellen wieder aufzutischen, erzielt keine besonders guten Resultate, stimmt’s? Es ist wichtig, dass wir in unseren Diskussionen bei relevanten und sachlich richtigen Informationen bleiben. Äußerungen, die den anderen persönlich angreifen, statt sich mit dem Thema selbst auseinanderzusetzen, sollten wir uns um jeden Preis verbieten. Verzichten wir auf diffamierende Bemerkungen in der Art „Du hast das und das getan“. Wir müssen die Wahrheit in Liebe sagen, wie die Bibel ganz klar lehrt.
Zuhören lernen – oh, wie schwer das ist! Sicher, reden ist leicht, jedenfalls für mich. Aber aufmerksam zuhören, das ist etwas anderes. Versuchen wir, in Diskussionen fair zu sein, indem wir der „anderen Seite“ ihre verdiente Chance geben, zu sprechen und ihren Standpunkt auszudrücken? Räumen wir anderen die Gelegenheit ein, ihre Sache zu vertreten? Wir sollten es. In Sprüche 18,13 heißt es: „Wer antwortet, ehe er hört, dem ist's Torheit und Schande.“ Das sind starke Worte! Es mag unwichtig sein, aber es ist eine interessante Feststellung, dass unser Schöpfer uns nur eine Zunge gegeben hat, aber zwei Ohren. Vielleicht wäre es keine schlechte Faustregel, doppelt soviel zuzuhören wie zu reden. Ich bin überzeugt, dass uns dies in vielen Fällen sehr guttäte. Wir kommen zu einem letzten Punkt: dem wichtigsten.
All unser Tun sollte im Geist der Liebe geschehen. Gott kann uns wird uns helfen, die passenden Worte zu finden, um unsere Gedanken auf gottgefällige Weise auszudrücken. WENN wir ihn durch Beten um Führung bitten. Dies gilt auch für Diskussionen.
Im Lauf unseres Lebens werden wir höchstwahrscheinlich eine ganze Reihe von Diskussionen führen. Doch wenn wir an diese fünf Regeln denken, werden wir in der Lage sein, mögliche Meinungsverschiedenheiten mit anderen Menschen auf die richtige Weise auszutragen. Seien wir bereit, aus unseren Erfahrungen und Fehlern im Umgang mit unseren Mitmenschen zu lernen. Fahren wir fort zu wachsen, und zeigen wir einander Achtung und Liebe, wenn wir uns das nächste Mal an einer Diskussion beteiligen. Wenn wir schon Meinungsverschiedenheiten klären müssen – bemühen wir uns, es wie Christen zu tun! ❏
Matthäus 12,34b: Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.
Matthäus 12,36: Ich sage euch aber, dass die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie reden.
Jakobus 3,2: Denn wir verfehlen uns alle mannigfaltig. Wer sich aber im Wort nicht verfehlt, der ist ein vollkommener Mensch und kann auch den ganzen Leib im Zaum halten.
Jakobus 3,10-11: Aus einem Munde kommt Loben und Fluchen. Das soll nicht so sein, liebe Brüder und Schwestern. Lässt auch die Quelle aus einem Loch Süßes und Bitteres fließen?
Jakobus 3,17: Die Weisheit aber von oben her ist zuerst lauter, dann friedfertig, gütig, lässt sich etwas sagen, ist reich an Barmherzigkeit und guten Früchten, unparteiisch, ohne Heuchelei.
Galater 5,25: Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln.
Galater 6,1: Brüder und Schwestern, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid; und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest.
Epheser 4,25-26: Darum legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, weil wir untereinander Glieder sind. Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.
Sprüche 10,19: Wo viel Worte sind, da geht's ohne Sünde nicht ab; wer aber seine Lippen im Zaum hält, ist klug.
Sprüche 15,23: Es ist einem Mann eine Freude, wenn er richtig antwortet, und wie wohl tut ein Wort zur rechten Zeit!
Sprüche 25,11: Ein Wort, geredet zu rechter Zeit, ist wie goldene Äpfel auf silbernen Schalen.