Einseitige Gnade

Von Tammy Tkach

Es heißt, es gäbe nur sieben Geschichten auf der ganzen Welt und die Handlung jedes Buches und jedes Films sei einfach eine Variation. Die gängigste ist der Kampf gegen Gut und Böse, und in der Regel gibt es eine Retterfigur.

Eine bekannte Geschichte ist die von König Artus und Guinevere. Alles ist perfekt, bis etwas Böses in Form von Versuchung die Szene betritt. Die Königin wird von Lancelot, dem besten Ritter des Königs, verführt. Als der König ihre Untreue entdeckt, steht er vor einer schmerzhaften Wahl: das Gesetz aufzugeben oder den Tod seiner geliebten Guinevere. Doch er weiß, dass nur ihr Tod das Gesetz erfüllen kann.

Während Artus sich mit der Entscheidung quälte, die Liebe seines Lebens sterben zu lassen und der Gerechtigkeit zu dienen oder sie gehen zu lassen und das Gesetz zu negieren, war Gottes Entscheidung und Plan für uns von Anfang an klar. Anders als Artus ist Gott nicht dem Gesetz unterworfen – er hat es geschaffen. Er quälte sich keineswegs damit, die Waage der Gerechtigkeit auszugleichen, weil er selbst die Gerechtigkeit ist. Bei seinem Plan, an unserer Stelle zu sterben, ging es nicht darum, irgendwelche Anforderungen des Gesetzes zu erfüllen.

Menschlich gesehen wollen wir, dass alles gleichmäßig und gerecht abläuft. Erinnern Sie sich an das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, die im Morgengrauen begannen? Sie erhielten den gleichen Lohn wie diejenigen, die erst am Ende des Arbeitstages anfingen. Uns erscheint das ziemlich ungerecht und sogar ein bisschen übertrieben. Aber Gott legt nicht die gleichen Maßstäbe an wie wir Menschen. Gottes Liebe und Gnade sind fast schockierend „ungerecht“. Als Jesus ans Kreuz ging, wurde allen vergeben. Jeder wurde zum ewigen Festmahl mit Vater, Sohn und Geist eingeladen. Keine Sünde ist zu groß, um ausgelöscht zu werden. Niemandem kann nicht geholfen werden. Niemand ist außerhalb seiner Reichweite und niemand muss bestraft werden, um Gnade und Gerechtigkeit auszugleichen.

Manche sehen in der Gnade genau das – einen großen Balanceakt, mit Barmherzigkeit auf der einen und Gottes Heiligkeit auf der anderen Seite. Aber Gott benutzt nicht die Waage der Gerechtigkeit, er benutzt die Waage der Gnade, bei der eine Seite in der Luft hängt und die andere auf dem Tisch liegt. Auf uns wirkt die Gnade unverschämt einseitig und unausgewogen. Zum Glück für uns ist sie unausgewogen, zu unseren Gunsten gewichtet mit mehr Liebe und immer mehr Gnade.


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