Hauskreis-Bibel-Lektion
16. Gemeinschaft. Ein Glied im Leib Christi

In unserer letzten Ausgabe haben wir erkannt, dass die christliche Kirche den Auftrag hat, Gottes Gnade und Gegenwart in alle Welt hinauszutragen. Und genau darum ist auch jeder Einzelne von uns bemüht.

Die Kirche setzt sich aus ihren Mitgliedern zusammen – aus Menschen, deren Leben durch Jesus Christus erneuert wurde, die ein Glied seines Leibes geworden sind und einen neuen Lebenszweck bekommen haben. Für Gott zu leben und ihn mit dem eigenen Leben durch die Zugehörigkeit zu seiner Gegenwart und Gnade in unserer Welt zu verherrlichen – diesen Zweck verfolgen die Mitglieder des Leibes Christi, der Kirche.

In dieser Ausgabe wollen wir erörtern,

  • welche Stelle im Leib Christi wir einnehmen – welche Zugehörigkeit zu Jesus und anderen Menschen, die ihm nachfolgen, für uns bestimmt ist;
  • wie Gott uns für unseren Beitrag zum Werk des Leibes Christi bereit macht;
  • wie Gott unser Leben für seine Zwecke zurückgefordert hat.

Christen leben nicht in Isolation, sondern werden in der Gemeinschaft mit Jesus Christus durch den gemeinsamen Glauben zusammengeführt. Christus vereint uns miteinander, so wie er uns mit dem Vater vereint. Und er gibt uns den Auftrag, sein Werk in der Welt fortzusetzen. Durch unser gemeinschaftliches Bemühen sorgen wir dafür, dass die Kirche – sein Leib – nicht zu einer reinen Institution erstarrt, sondern eine lebendige Bewegung im Dienste seines Werkes ist und bleibt. Gemeinschaftlich folgen wir seinem Ruf, gemeinschaftlich erfahren wir seinen Segen.

Eine Bewegung
Das Christentum verkörpert eine Bewegung in der Welt, keine Institution. Genau dann, wenn die christliche Kirche institutionalisiert wird, versagt sie in ihrer Aufgabe, Gott zu verherrlichen. Es ist die Institution, die oft abgelehnt und kritisiert wird. Nur die Bewegung – das Wirken Gottes in der Welt durch sein Volk – ist es, die so machtvoll, anziehend, real und lebensverändernd agiert.

Doch das Christentum ist von Natur aus eine kollektive Kraft, keine individuelle Erfahrung. „Das Christentum ist eine soziale Religion“, sagte John Wesley (1703-1791), der Begründer der Methodisten-Kirche. „Wenn wir aus dem Christentum eine solitäre Religion machen, zerstören wir es.“

Diese Wahrheit gründet im Gebet Jesu, das er kurz vor seiner Kreuzigung an den Vater richtete. Jesus betete zunächst für seine Jünger: „Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, dass sie eins seien wie wir“ (Joh. 17,11). Und dann betete er für die Menschen, die noch nichts von Gottes Liebe wussten: „[...] damit sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst“ (Joh. 17,23).

Dieses Gebet bringt den Wunsch Jesu zum Ausdruck, mit uns und allen Menschen, die an ihn glauben, in eine gemeinschaftliche Beziehung zu treten. Sein ganzes Leben und sein Werk in dieser Welt waren geprägt durch diesen Wunsch. Er blieb nicht im Himmel, um Anweisungen von oben zu geben, sondern kam zur Erde herunter, um mit uns zu sprechen. Er verschloss sich nicht in einem königlichen Palast, um seinen Untertanen Befehle zu erteilen, sondern wurde wie wir als Kind in die Welt geboren, um unter gewöhnlichen Leuten in einem besetzten Land aufzuwachsen. Er hielt sich nicht von seinen Mitmenschen fern, sondern überschritt sogar die gemeinhin anerkannten gesellschaftlichen Barrieren, um auch solchen Menschen seine Anteilnahme und Liebe zu bezeugen, die von ihrer Gesellschaft geächtet und zurückgewiesen wurden.

Für Jesu Leben und Werk war es kennzeichnend, dass er die alltäglichen Dinge des Lebens mit uns teilte: Hochzeiten, Beerdigungen, Geburt, Tod, Feste, Sorgen, Lachen, Trauer, Arbeit, Spiel, Gespräch, Diskussion, Mahlzeiten, Marktplätze, Familien. „... das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns“, schrieb der Apostel Johannes (Joh. 1,14). Es war Gottes Wille, sich uns in Jesus von Nazareth zu offenbaren, indem er einer von uns wurde. Er teilte unsere menschlichen Erfahrungen. Er bezeugte seinen Wunsch nach Einheit mit uns – nach Aussöhnung mit uns. Aber er ging noch viel weiter: Diese Einheit und Aussöhnung sollten Realität werden, indem er sein Leben für uns gab.

Auch die späteren Briefe des Apostels Johannes an die Frühkirche bezogen sich immer wieder auf das Vorbild Jesu und sein Gebet. Die Kirche sollte sich ihrer prägenden Eigenschaft stets bewusst sein: Liebe – Liebe zu Gott, Liebe zu den Mitmenschen und Liebe zur Welt.

„Darin besteht die Liebe: nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden. Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben. Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen ... Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht?“ (1. Joh. 4,10-12.20).

Diese Liebe will die Kirche – durch die Gemeinschaft ihrer Gläubigen – in der Welt bezeugen. Diese Liebe ist die Triebkraft für die Bewegung des Christentums.

Der Einzelne in der Gemeinschaft
Wohin wir in der christlichen Kirche auch schauen – immer erkennen wir etwas von Jesu Gebet und seinem Leben und Wirken auf Erden, denn die Liebe Jesu lebt durch seine Nachfolger in unserer Welt fort.

„Gemeinschaft“ – die Einheit und Zugehörigkeit der Christen untereinander. Das ursprünglich verwendete griechische Wort koinonia bedeutete „Teilnahme“ und „Kommunion“. Das Miteinander, die gegenseitige Fürsorge und die Pflege freundschaftlicher Beziehungen stehen im Mittelpunkt des kirchlichen Lebens.
Taufe – das öffentliche Bekenntnis unseres Glaubens, gewöhnlich im Kreis von Glaubensbrüdern und Freunden bei einer Gemeindefeier.
Öffnung nach außen – das „Hinausgehen in alle Welt“. Die Kirche ist bemüht, sich in Wort und Tat um die Menschen zu kümmern und die gute Nachricht des Evangeliums zu verkünden.
Kommunion – die Teilnahme am heiligen Abendmahl, das Versammeln der Gläubigen um den Tisch des Herrn, um in der Gemeinschaft die Symbole unseres Glaubens zu empfangen.
Gottesdienst – Versammeln der Gemeinde zum Beten und Predigen.

Christen sind individuell wie kollektiv dazu aufgerufen, als Werkzeuge der Veränderung in der Welt zu wirken.

Bei all diesen Aktivitäten geht es darum, dass einzelne Christen zusammenkommen, um in der Gemeinschaft zu feiern, was ihnen gemeinschaftlich zuteilwird: Erlösung, neues Leben, Zweck und Hoffnung in Jesus Christus.

Natürlich soll damit keineswegs die private Frömmigkeit und die alltägliche Beziehung des Einzelnen zu Gott in Abrede gestellt werden. Vielmehr ist es so, dass wir gerade diese persönlichen Erfahrungen unweigerlich in die Gemeinschaft mit anderen einbringen. Wir können keinen gesunden „kollektiven“ Glauben ohne einen gesunden individuellen Glauben vertreten, und umgekehrt sollte unser individueller Glaube durch unsere Erfahrung christlicher Gemeinschaft gestärkt und ermutigt werden.

Der christliche Glaube ist beides – eine zutiefst persönliche, einmalige Eins-zu-eins–Beziehung zu Gott und zugleich eine öffentliche, kommunale und kollektive Erfahrung. Wiederum erleichtert uns die Analogie zum Leib das Verständnis: Wir sind einzelne Mitglieder, die zusammengeführt werden. Ein jeder von uns wird individuell erlöst, erkannt und genährt. Doch zusammen bilden wir den Leib Christi, gehören ihm gemeinschaftlich an, vereint durch einen Geist.

Der Apostel Paulus führt dieses Konzept sogar so weit, dass er schreibt, wir „gehörten“ einander. „Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, so sind wir viele ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied“ (Röm. 12,4-5).

„Christliche Gemeinschaft heißt Gemeinschaft durch Jesus Christus und in Jesus Christus“, schrieb Dietrich Bonhoeffer, ein junger deutscher Theologe und Pfarrer, der 1945 von den Nazis hingerichtet wurde. „Es gibt keine christliche Gemeinschaft, die mehr, und keine, die weniger wäre als dieses. Von der kurzen einmaligen Begegnung bis zur langjährigen täglichen Gemeinschaft ist christliche Gemeinschaft nur dieses. Wir gehören einander allein durch und in Jesus Christus. Was heißt das? Es heißterstens, dass ein Christ den andern braucht um Jesu Christi willen. Es heißt zweitens, dass ein Christ zum andern nur durch Jesus Christus kommt. Es heißt drittens, dass wir in Jesus Christus von Ewigkeit her erwählt, in der Zeit angenommen und für die Ewigkeit vereinigt sind.“ [1]

Die Teilnahme am Leben des Leibes Christi – der christlichen Kirche – ist die natürliche Grundlage unseres neuen Christenlebens in ihm. Sie verbindet die drei Punkte eines Dreiecks: erstens unseren inneren Glauben; dann unser öffentliches Glaubensbekenntnis; und schließlich unser Engagement für eine gemeinsame Glaubensreise mit anderen in Christus. Diese Teilnahme ist somit ein Segen und eine Verantwortung zugleich.

Wir müssen am kirchlichen Leben teilhaben. Die Kirche braucht uns als einen Teil ihres Lebens. Und wir brauchen die Kirche als einen Teil unseres Lebens.

Wir können von der Teilnahme am Leben des Leibes Christi viel gewinnen, und umgekehrt haben wir viel zu geben, denn Gott hat uns in einer ganz besonderen Weise dafür geschaffen und ausgerüstet.

Etwas bewirken
Wir alle wollen etwas bewirken in der Welt. Wir alle sehnen uns danach, in irgendeiner Hinsicht bedeutend zu sein. Und diese Bedeutung finden wir in Jesus Christus und in dem Zweck, den ein jeder von uns nach seinem Willen verfolgt.

„Ihr seid das Salz der Erde ... Ihr seid das Licht der Welt“, sagte Jesus. „Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen“ (Matth. 5,13-16).

„Salz“ war eine Metapher für lebensrettende, erhaltende, würzende Qualitäten (für die Rabbis war Salz auch sinnbildlich für Weisheit). Salz hat eine mächtige, empirisch wahrnehmbare Wirkung. „Licht“ bedeutete Führung, Aufklärung, Wahrheit. Auch Licht hat sichtbare, konkrete Auswirkungen auf die Umgebung.

Jesus verwendet die Licht-Metapher in zwei Fällen:

  • Individuell soll unser Leben wie eine Lampe in der Dunkelheit scheinen.
  • Kollektiv formen wir (wie die vielen Lichter einer Stadt auf einem Berg) die christliche Gemeinschaft, die ein umfassenderes Umfeld erhellt, als dies einem einzigen Leben möglich wäre.

Zugleich war dies ein großes Kompliment für uns und Ausdruck seines Vertrauens zu uns. „Ihr“ seid das Licht der Welt, sagt Jesus. Johannes zufolge hat er von sich gesagt: „Ich bin das Licht der Welt.“ Er sieht in uns sein Abbild in unserer Welt – individuell und kollektiv.

Sowohl Salz als auch Licht bewirken etwas in ihrer Umgebung – sie fügen etwas hinzu und verändern. Sie fügen hinzu, bereichern und verändern das Leben. Genau dazu sind wir als Christen aufgerufen – wir sollen als Werkzeuge der Veränderung und der Gnade in unserer Welt wirken. Individuell tun wir dies in unserem täglichen Leben – bei der Arbeit, zu Hause, in der Schule, in der Gemeinde. Kollektiv ist dies unser Wirken als Kirche in den Gemeinden, in denen wir uns versammeln, und in der weiteren Welt. Und in all unserem Wirken erfahren wir gemeinschaftlich die Gegenwart – die Güte, Barmherzigkeit und Gnade – Jesu Christi in der Welt. Aus diesem Grund wird die Kirche als sein „Leib“ bezeichnet.

Gegenüber der Kirchengemeinde zu Korinth erläuterte Paulus diesen Zusammenhang wie folgt: „Denn wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind: so auch Christus. Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft ... und sind alle mit einem Geist getränkt ... Nun aber hat Gott die Glieder eingesetzt, ein jedes von ihnen im Leib, so wie er gewollt hat. Wenn aber alle Glieder ein Glied wären, wo bliebe der Leib? Nun aber sind es viele Glieder, aber der Leib ist einer ... Ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied“ (1. Kor. 12,12-27).

Paulus spricht damit verschiedene wichtige Punkte an:

  • Wir sind alle in den Leib Christi eingesetzt – wir sind nicht unabhängig voneinander, sondern aufeinander bezogen.
  • Wir sind auf den Leib Christi getauft – nicht in eine bestimmte Kirche oder Gruppe hinein, sondern auf Christus selbst.
  • Wir sind durch einen Geist verbunden – den Geist Gottes in unserem Leben und unserer Gemeinschaft.
  • Wir sind nach Gottes Willen und Zweckbestimmung in den Leib Christi eingesetzt.
  • Wir sind alle unterschiedlich und einzigartig, denn wir müssen alle einen anderen Beitrag leisten, damit der Leib zur Ehre Gottes effektiv wirken kann.
  • Gemeinsam bilden wir den Leib Christi und führen sein Werk in der Welt fort.

Von einzigartiger Bedeutung
Jeder Mensch ist einzig in seiner Art. Und doch ist in uns allen etwas von dem Einen, der uns „zu seinem Bilde“ (1. Mose 1,27) geschaffen hat. So kann es nicht überraschen, wenn wir erkennen, dass der Gott, der einen jeden von uns erschaffen hat, uns auch besondere Talente, Fähigkeiten und Gaben mitgegeben hat; wir können sie nutzen, um ihn zu ehren, unsere Bedeutung zu erfahren und etwas in unserer Welt zu bewirken.

Indem uns Gott in den Leib Christi einsetzt, gibt er uns eine einzigartige Möglichkeit, mit den uns verliehenen Gaben, Talenten und Fähigkeiten einen Beitrag zu seinem Reich zu leisten. In den Evangelien von Matthäus und Lukas finden wir ein Gleichnis, in dem Jesus von seinen Nachfolgern und den ihnen anvertrauten Möglichkeiten und Verantwortlichkeiten zur Fortsetzung seines Werkes auf Erden bis zu seiner Wiederkunft berichtet (Matth. 25,14; Luk. 19,12-27).

Aus diesem Gleichnis sind eindeutige Lehren abzuleiten:

  1. Gott segnet uns mit den Voraussetzungen und Möglichkeiten zur Ausführung des auf sein Reich ausgerichteten Werkes auf Erden: Wir sollen das Evangelium mit Leben füllen und weitertragen, um Gottes Gnade und seine Gegenwart zu bezeugen.
  2. Es liegt in unserer Verantwortung, diese Ressourcen für seine Zwecke und zu seinen Ehren zu nutzen und wirken zu lassen, bis er wiederkehrt.
  3. Wir sind Verwalter und Nutznießer seiner Gnade, Großzügigkeit und Güte. Wir müssen uns immer dessen bewusst sein, dass er der Geber, die Quelle, ist.

Wir sind „teuer erkauft“ worden, wie der Apostel Paulus sagt (1. Kor. 7,23). In unserem Bemühen, unser neues Leben im Leib Christi zu leben und die Gaben, Talente und Fähigkeiten, die uns Gott in seiner Gnade verliehen hat, wirksam werden zu lassen, dürfen wir eines niemals vergessen: Wir leben unser Leben für ihn und nicht für uns selbst.

Einsatz unserer Gaben
Unter anderem lehrte Paulus die Frühkirche, wie wichtig es ist, die eigene Zugehörigkeit „zum Leib“ zu erkennen – zu einem zusammenhängenden Ganzen mit vielen Einzelteilen, die nach Gottes Willen alle einen jeweils einzigartigen Beitrag für die gesamte Gruppe leisten. In seinem Brief an die Römer (Kapitel 12) und im 1. Brief an die Korinther (Kapitel 12) erläutert Paulus diese Thematik in aufschlussreichen Passagen.

Es ist ein sehr ermutigender Prozess, die Begabungen und Talente zu erkennen, die uns Gott hat zuteilwerden lassen. Dieser Prozess verhilft uns nicht nur zur Verwirklichung dessen, was in uns ist, sondern auch zu der Erkenntnis, welchen Beitrag wir in unserer Welt zur Ehre Gottes leisten können. Die oben angeführten Passagen zählen verschiedene Möglichkeiten auf, aber diese Auflistung ist keineswegs erschöpfend. So kann es ein Fehler sein, wenn man diese Möglichkeiten nimmt und sich dort „einzuordnen“ versucht, jedoch bei all dem die offensichtlichen Talente und Fähigkeiten, die uns Gott gegeben hat, übersieht. Wer immer wir sind, wie immer unsere Herkunft und unsere Erfahrungen, Talente, Interessen oder Begabungen gestaltet sind – Gott erwartet von uns, dass wir seine Gegenwart und Gnade durch das Werk des Leibes Christi bezeugen.

Es gibt unendlich viele Möglichkeiten für uns, lebenswichtige und bedeutsame Beiträge zum Leib Christi zu leisten: Betreuung, Lehre, Gastfreundschaft, Ermutigung, Verwaltung, Management, Organisation, Kommunikation, Konstruktion, Förderung, Gebet, Beratung, technische Problemlösung, Vernetzung, Finanzverwaltung, Unterrichtung ... Gott hat uns so erschaffen, dass wir einzigartig in unserer Art und in unserer Bedeutung sind. Wir sollten niemals das Gefühl haben, für seine Zwecke nicht „geistlich genug“ zu sein! Er weiß genau, wie wir „verdrahtet“ sind – er kann uns sehr gut brauchen, wenn wir uns seinen Zwecken fügen. Das Werk des Leibes Christi sollte niemals „so himmlisch gesinnt sein, dass es nicht für irdischen Nutzen gut wäre“!

Wenn wir herausfinden wollen, worin unsere Begabungen bestehen und wie wir sie nutzen können, brauchen wir uns zuweilen nur umzuschauen oder nachzufragen, um zu erfahren, was getan werden muss. Oft genug erkennen wir auf diese Weise Zusammenhänge, die unseren Interessen und Fähigkeiten – und der Leitung durch den Heiligen Geist – entsprechen.

Sie können ganz sicher sein, es gibt viel zu tun im Leib Christi. Wenn wir unser neues Leben in den Dienst Gottes stellen, so ist dies eine der wohl faszinierendsten und kreativsten Erfahrungen, die wir machen können. Wir gehören nun zu ihm, und er hat einen Plan und einen Zweck für einen jeden von uns im Leib Christi. Denken wir daran: Er ist es, der uns nach seinem Willen in den Leib Christi einsetzt.

Die beiden großen „Sakramente“ der Kirche, wie wir sie in unserer letzten Ausgabe erörtert haben, erinnern uns sehr deutlich daran, dass unser neues Leben nicht uns, sondern Gott gehört. Sowohl die Taufe als auch das Abendmahl erinnern uns an die zutiefst persönliche Beschaffenheit unseres neuen Lebens in Christus, und beide Handlungen erinnern uns daran, dass wir dieses Leben als Glieder des Leibes Christi führen.

Taufe
Die Taufe ist eine Zeremonie, bei der ein gläubiger Mensch in den christlichen Glauben eingeführt wird. Sie bestätigt öffentlich die Reue und Annahme Jesu Christi als Erlöser und Herrn.

Ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied (1. Kor. 12,27)

Jesus hat die Taufe befohlen: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe“ (Matth. 28,19-20).

„Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden“ , hat Jesus gesagt (Mark. 16,16). Und er hat ein Vorbild gegeben, indem er Johannes den Täufer aufforderte, ihn im Jordan zu taufen (Matth. 3,13-17). Die neutestamentliche Kirche führte die Taufe aus: „Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden ...“ (Apg. 2,38). „ ... ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen“ (Gal. 3,26-27).

Die Taufe ist ein kraftvolles Symbol unseres Glaubens. Sie bezeugt unser „Begräbnis“ mit Christus – den Tod unseres „alten Lebens“ und den Beginn unseres neuen Lebens in Christus. Paulus erläuterte dies der Kirche zu Rom mit den folgenden Worten:

„ ... wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln“ (Röm. 6,3-4). Das ist mit Sicherheit eine höchst folgenschwere Bibelpassage, denn sie hat für unser Christensein zentrale Bedeutung.

Die Taufe ist Ausdruck unseres Wunsches, unser altes Leben ohne Christus abzulegen und „sterben“ zu lassen und das neue Leben in Christus – das ewige Leben – anzunehmen, indem wir zu einem Glied seines Leibes werden und unser Leben gemäß dem Zweck führen, den Gott uns zugedacht hat.

„Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, und wissen, dass Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod kann hinfort über ihn nicht herrschen. Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben ein für alle Mal; was er aber lebt, das lebt er Gott. So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus. So lasst nun die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leibe, und leistet seinen Begierden keinen Gehorsam. Auch gebt nicht der Sünde eure Glieder hin als Waffen der Ungerechtigkeit, sondern gebt euch selbst Gott hin, als solche, die tot waren und nun lebendig sind, und eure Glieder Gott als Waffen der Gerechtigkeit“ (Röm. 6,8-13).

Der Sünde gestorben, der Gerechtigkeit leben. Unser Leben ist nicht länger von Sünde beherrscht, sondern Gottes Zwecken gewidmet. Dafür legt die Taufe Zeugnis ab. Von der Sünde reingewaschen, können wir unser neues Leben in Christus beginnen – und unseren Platz als ein Glied seines Leibes einnehmen, um seinen Willen auszuführen.

Das Abendmahl des Herrn
Wie die Taufe bietet uns auch das Abendmahl bedeutungsvolle Symbole, um uns an unser neues Leben in Christus zu erinnern.

Zu den erstaunlichsten Zusammenhängen zählt wohl das „Gewöhnliche“ dieser Symbole. Jesus nahm zwei alltägliche Produkte und setzte sie mit seinem Leib gleich. Und dann gab er sie uns, damit wir als Glieder seines Leibes gemeinschaftlich seiner gedenken. Am Abend, bevor Jesus gekreuzigt wurde, nahm er das Brot und den Wein und sprach: „Nehmet, esset; das ist mein Leib ... das ist mein Blut des [neuen] Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden“ (Matth. 26,26-28).

Die heiligen Symbole des gebrochenen Leibes und vergossenen Blutes sind uns gegeben worden, um seiner zu gedenken und uns an die Quelle unserer Vergebung und die „unvernünftige“ Gnade Gottes uns gegenüber zu erinnern, damit uns das neue Leben zuteilwerde. Die Symbole erinnern uns daran, dass Jesus, seinen eigenen Worten gemäß, „das Brot des Lebens“ ist (Joh. 6,35.48).

Und diese Symbole sind uns allen gemeinschaftlich gegeben. Wir versammeln uns, um das Brot zu brechen und den Wein (oder Traubensaft) zu trinken – in der Gewissheit, dass uns diese Symbole von Jesus gegeben wurden, um ihn und unsere Einheit mit ihm zu bezeugen. Es ist der Tisch des Herrn, um den wir uns versammeln, nicht der unsere. Wieder wird an unser Einssein, unsere Einheit, unsere Gemeinschaft mit ihm erinnert.

Eingesetzt in den Leib Christi
Das Christentum ist eine weltweite Bewegung. Es erfordert sowohl unsere individuelle christliche Lebensführung als auch unser kollektives Wirken als Leib Christi. Gott hat für jedes seiner Kinder einen Platz im Leib Christi vorgesehen. Er hat uns die Begabungen und Voraussetzungen gegeben, damit wir sein Werk gemeinschaftlich vollbringen.

In Anbetracht so vieler verschiedener religiöser Vereinigungen, Traditionen und Konfessionen kann es zuweilen schwierig sein herauszufinden, an welchen Platz wir gehören. (In unserer letzten Ausgabe haben wir uns mit den Hintergründen und den besonderen Vorzügen dieser Vielfalt befasst.) Aber vielleicht ist es letztlich doch nicht so schwer.

Natürliche Ausgangspunkte für Ihre Suche sind: die Kirche, in der Sie groß geworden sind oder der sich Ihre Eltern oder andere Familienangehörige verbunden fühlen; eine Kirche, in die Freunde gehen; eine Kirche, die Ihnen oder Ihrer Familie schon einmal in irgendeiner Weise behilflich war; eine Kirche, die Ihre Kommune aktiv unterstützt. Eine Kirche, in der Sie sich willkommen und heimisch fühlen, ist ein guter Wegweiser. Schließlich ist unser Gott ein Gott, der uns mit offenen Armen empfängt – ein warmer Empfang ist Ausdruck göttlicher Liebe.

Eine Kirche, die überzeugend und gemeinschaftlich daran arbeitet, Gottes Gegenwart und Gnade in alle Welt hinauszutragen, wird zweifellos bemüht sein, neuen Mitgliedern bei der Suche nach ihrem Platz in diesem Werk behilflich zu sein, damit sie die von Gott erhaltenen Talente und Begabungen zweckbestimmt einsetzen können.

Bei unserer kollektiven Arbeit zur Ehre Gottes erfahren wir auch mehr davon, wie seine Gnade in unserem Leben als Individuum wirkt. Es ist eine faszinierende und lohnende Aufgabe in unserem christlichen Leben, unseren Platz im Leib Christi zu finden und zu erfüllen – der Segen der Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft ist von zentraler Bedeutung für unser neues Leben in Jesus Christus.

Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen (Eph. 2,10)

Zum Nachdenken und Diskutieren
Wenn Sie darüber nachdenken, welchen Zweck Gott für Sie vorgesehen haben könnte ...

  • Welche besonderen Gaben und Voraussetzungen hat Gott Ihnen zuteilwerden lassen, damit Sie seine Gnade und seine Gegenwart in der Welt bezeugen? (Welche besonderen Fähigkeiten / Vorlieben haben Sie?)
  • Welche Möglichkeiten sehen Sie in Familie / Kirche / Gemeinde / Freundeskreis, die Sie nutzen könnten, um Ihre Begabungen und Talente zu Gottes Ehren einzusetzen?

An welchen Platz im Leib Christi hat Gott Sie Ihrer Ansicht nach gestellt – und warum?

  • In welcher Hinsicht werden Sie / Ihre Gegenwart / Ihre Begabungen / Ihre Erfahrungen gerade an dieser Stelle im Leib Christi gebraucht?
  • In welcher Weise ist der Leib Christi bemüht, gerade an dieser Stelle Gottes Gnade und Gegenwart zu bezeugen, und welchen Beitrag können Sie dazu leisten?

Wenn Sie über Ihr persönliches Glaubensleben nachdenken ...

  • In welcher Weise kann / könnte die Gemeinschaft mit anderen Gläubigen eine Bereicherung sein?
  • In welcher Weise kann / könnte Ihr persönliches Glaubensleben eine Bereicherung für andere Gläubige sein?

Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen. (Kol. 3,15)

Bibelstellen zu christlichem Leben und christlicher Gemeinschaft
Matthäus 5 - 7: Die Bergpredigt
Matthäus 13: Das Gleichnis vom Sämann
Matthäus 25: Wie die Nachfolger Jesu in seiner Abwesenheit leben
Johannes 14 - 17: Jesu Abschiedsworte an seine Jünger
Römer 12: Unser Leben als „Gottesdienst“
1. Korinther 12: Die Gaben Gottes
Epheser: Ein Brief an eine Kirche, in der unsere persönliche Berufung und Gemeinschaft und die Analogie zum „Leib“ erörtert werden

Fußnote:
[1] Bonhoeffer, D., Gemeinsames Leben (Gütersloher Verlagshaus, 26., überarbeitete Auflage 2001), S. 18.


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