Hauskreis-Bibel-Lektion
17. Glaube – Unsere Antwort auf Gottes Gnade

Ein in ganz besonderer Weise herausfordernder Aspekt des christlichen Lebens ist die Glaubensfrage. Wir reden davon, „zum Glauben zu finden“, „einen festen Glauben zu haben“, „gemeinsam unseren Glauben zu bekennen“ oder auch davon, unser Glaube sei „auf die Probe gestellt“ worden. Zuweilen meinen wir, unser Glaube habe uns verlassen – oder wir hätten unseren Glauben verlassen. Und es gibt Zeiten, zu denen wir tiefe Freude in unserem Glauben erfahren.

Doch irgendwann verspüren die meisten unter uns Zweifel am Glauben. Manchmal scheint der Glaube eine einfache – oft aber wiederum eine komplizierte – Sache zu sein. Der Glaube ist eine umfassende und vielschichtige Thematik. Wenn wir uns nun einige Bibelpassagen zum Thema Glaube einschließlich zweckdienlicher Kommentare anschauen, möge dies der Stärkung und Festigung unseres Glaubens dienen. „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht“ (Hebr. 11,1). Der Glaube an Gott ist eine zwar große, aber keineswegs unbegründete Herausforderung.

Der christliche Glaube betrifft unsere Beziehung zu Gott. „Ohne Glauben ist’s unmöglich, Gott zu gefallen“ , heißt es im Brief an die Hebräer weiter (Vers 6). In dieser Folge unseres Bibelstudiums wollen wir uns mit der Frage befassen, wie und warum unser Glaube Gott gefällt. Wir werden erfahren, dass es nicht darum geht, was wir empfinden, mit wie vielen „Gaben“ wir aufwarten können oder inwieweit unsere Gebete erhört wurden. Wir werden sogar erfahren, dass unsere natürlichen menschlichen Zweifel und unsere Glaubenskämpfe Gott gefallen und letztlich unsere Glaubensbeziehung zu ihm festigen können.

Was ist Glaube?
Das Wort Glaube bedeutet ursprünglich „sich etwas lieb, vertraut machen“ oder auch „etwas gutheißen“.[1] Das Wörterbuch definiert Glaube als „innere Sicherheit, die keines Beweises bedarf; gefühlsmäßige Bindung an eine Autorität, Vertrauen auf jemanden oder etwas“.[2] Das hört sich ganz so an, als ob es eher schwierig sei, dem Glauben – nun ja, zu „trauen“!

Nun haben wir bereits die grundlegende biblische Definition aus dem Hebräerbrief gehört: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“ Was also hoffen wir – und was ist es, was wir nicht sehen?

Der christliche Glaube gründet auf Hoffnung. „Eine Ethik der Hoffnung durchzieht das Neue Testament. Es ist eine Ethik der Pilgerschaft: Man sollte sich in dieser Welt als ein Fremdling auf dem Weg nach Hause betrachten.“ (1. Petr. 2,11; Hebr. 11,13.) [3]

Unser Glaube – wie auch die Glaubensgemeinschaft und die Kirche, der wir angehören – existiert in der Gegenwart, zeugt aber zugleich von der rückblickenden Annahme des in Jesus Christus vollbrachten göttlichen Werkes und vom hoffnungsvollen Verlangen nach ewigem Leben nach der Auferstehung in seiner Herrlichkeit (Röm. 6,4-5; Joh. 3,15-16). Paulus erläutert dies in seinem zweiten Brief an die Korinther wie folgt:

„Denn wir wissen: wenn unser irdisches Haus, diese Hütte [unser menschlicher Körper], abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. Denn darum seufzen wir auch und sehnen uns danach, dass wir mit unserer Behausung, die vom Himmel ist, überkleidet werden ... damit das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben. Der uns aber dazu bereitet hat, das ist Gott, der uns als Unterpfand den Geist gegeben hat. So sind wir denn allezeit getrost und wissen: solange wir im Leibe wohnen, weilen wir fern von dem Herrn; denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen“ (2. Kor. 5,1-7).

Unsere Hoffnung gilt einer ewigen, realen Zukunft, die Gott für uns bereithält – unser wirkliches Zuhause. Und diese Hoffnung beruht auf dem bisherigen Werk Gottes und seinem gegenwärtigen Wirken unter uns kraft des Heiligen Geistes. Wir können mit Zuversicht hoffen um dessentwillen, was Gott, wie wir wissen, für uns getan hat. Glaube bedeutet aber auch Gewissheit dessen, was wir nicht sehen. Und hier fangen für viele von uns die Schwierigkeiten an. Unsere menschliche Erfahrung beschränkt sich allzu oft auf das, was sichtbar ist. Und doch wissen wir, dass es viele Realitäten gibt, die man nicht sehen, messen oder berühren kann. Wir können Gott nicht sehen. Aber wir können seine Gegenwart in der Schöpfung, in unserer Welt, im Universum erfahren; wir können seine Interaktion mit der Menschheit durch die Bibel zurückverfolgen; wir können seinen Trost im Gebet empfangen; und wir können die Geschichte der Männer und Frauen nachvollziehen, die ihm ihr Leben über die Jahrtausende hinweg anvertraut haben (siehe Hebr. 11).

Wir alle erleben Zeiten der Klarheit, in denen wir uns dessen, was wir nicht sehen, ganz gewiss sind. Aber wir alle haben auch gegen Zeiten des Zweifelns und der Ungewissheit anzukämpfen. In solchen Zeiten ist es gut, wenn wir uns daran erinnern, dass wir auf die Gewissheit der Treue Gottes zu uns vertrauen dürfen.

Gottes Treue
Nicht wir sind die Urheber dieser Glaubensbeziehung; Gottes gnadenvolles Eingreifen in unser Leben nährt unsere Hoffnung und unsere Gewissheit. Und diese Gnade ist nicht wankelmütig oder ungewiss – sie ist vollbracht und währt ewig. Gottes Treue zu uns Menschen, die wir ihn weder erkannten noch anerkannten, ist schier unglaublich. Wenn unser Glaube jemals unbegründet erscheint – um wie viel unbegründeter ist Gottes Treue zu uns! Wir können im Glauben an ihn zuversichtlich sein, weil er den Anfang gemacht hat: Er hat uns seine Treue bezeugt.

„Gott zu vertrauen ist kein Akt unbegründeten Glaubens. Gott bezeugt, wie außergewöhnlich vertrauenswürdig er ist. Er gibt uns allen Grund, ihm zu vertrauen. Er beweist, dass er ein treuer und unseres Vertrauens würdiger Gott ist ... Das Christentum gründet nicht auf Mythen und Fabeln, sondern auf dem Zeugnis derer, die alles mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört haben. Die Wahrheit des Evangeliums beruht auf historischem Geschehen.“[4] Der christliche Autor John Stott beschreibt Glauben als „ein begründetes Vertrauen, ein Vertrauen, das sich wohlüberlegt und zuversichtlich auf die Vertrauenswürdigkeit Gottes verlässt“.

In einem Bibelkommentar (The Life Application Bible) heißt es dazu: „Der Ausgangspunkt des Glaubens ist unser Vertrauen auf das Wesen Gottes – er IST der, von dem er sagt, dass er es sei. Der Endpunkt ist unser Vertrauen auf die Verheißungen Gottes – er wird TUN, was er sagt.“[5]

„Das Evangelium sagt nicht: ‚Vertraue auf Gott und er wird dich lieben‘; das Evangelium sagt vielmehr: ‚Gott liebt dich, deshalb vertraue auf ihn.‘ Glaube ist nicht ein Werk, das uns erlöst; Glaube ist vielmehr unsere Zustimmung zu unserer Erlösung.“[6]

Das ist ein wichtiger Punkt. Wir erzielen nicht Gottes Wohlgefallen oder Erlösung durch unseren Glauben; die Erlösung ist vielmehr sein Geschenk an uns. Erlösung ist eine Gabe, die wir durch unseren Glauben annehmen.

Glaube bedeutet im Wesentlichen unsere Antwort auf einen großen und gnädigen Gott, der sich uns offenbart hat, der uns erlöst und mit sich versöhnt hat – so brüchig, beschränkt und zögerlich diese Antwort zuweilen sein mag.

„Glaube ist unsere Antwort auf eine Initiative, die uns Gott zum Angebot gemacht hat, als wir in unseren Sünden gefangen waren“, heißt es sinngemäß in der Complete Life Encyclopedia. „Unsere Antwort umfasst dreierlei:

  1. Wir müssen erkennen, dass wir Sünder sind und dass wir der Vergebung Gottes in unserem Leben bedürfen (siehe Röm. 3,23).
  2. Wir müssen erkennen, dass Jesus Christus, der Sohn Gottes, für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist (siehe Röm. 6,23).
  3. Wir müssen Jesus Christus als unserem Erlöser und Herrn vertrauen und unser weiteres Leben in seinen Dienst stellen (siehe Joh. 1,12).“

Glaube ist unsere Antwort auf Gottes Gnade. Glaube ist Ausdruck unseres Vertrauens auf ihn und sein Werk:
GegenwartGott IST
AutoritätGott ist unumschränkter Herrscher
SohnGott nahm für uns Menschengestalt an
VergebungGott ist gnädig
Heiliger GeistGott wohnt unter uns
LiebeGott ist die Liebe
WortGott hat durch die Bibel gesprochen
MachtGott hat Sünde und Tod besiegt

„Was ist dieser Glaube, über den wir gesprochen haben? Ganz einfach gesagt: Glaube ist Vertrauen. Es geht nicht um intellektuelle Akzeptanz biblischer oder theologischer Doktrinen, nicht einmal der Lehren Christi oder deren Rechtfertigung. Es geht um Zuversicht und Vertrauen auf Gott. Glaube bedeutet nicht, dass man der Bibel glaubt; Glaube bedeutet nicht, um mit [John] Calvin zu sprechen, ‚der Geschichte des Evangeliums zuzustimmen‘ (Institutes 3.2.1). Glaube heißt nicht, dass wir an ein Buch glauben, sondern an den Gott, den wir in dem Buch kennen gelernt haben. Der christliche Glaube bedeutet nicht Zuversicht zum erlösenden Glauben, sondern Zuversicht zum erlösenden GOTT. Mit anderen Worten: Der Glaube, über den wir gesprochen haben, ist eine Art persönlicher Beziehung – wir überantworten uns dem lebendigen Gott, dessen Vertrauenswürdigkeit unter Beweis gestellt worden ist durch das, was Gott in seiner Macht und Liebe durch Leben, Tod und Auferstehung Christi für uns getan hat.“ [7]

Glaube und Zweifel
Glaube ist keine statische, abstrakte Vorstellung. Glaube ist lebendig und real. Wir geben unserem treuen Glauben – oder auch unserem Unglauben – Tag für Tag Ausdruck. Und das kann ernüchternd sein. Weil wir uns unserem Glauben nicht immer treu verbunden „fühlen“. Es ist nicht so, dass wir glaubenslos wären; wir sind nur nicht von unserem Glauben erfüllt. Und manchmal haben wir auch Zweifel: Wir möchten glauben, aber es fällt uns schwer.

Befassen wir uns zunächst mit dem Gefühl, von unserem Glauben nicht recht erfüllt zu sein. Glaube wird manchmal mit Emotionen verwechselt: Aufregung, Leidenschaft, Eifer. Manchmal wird Glaube auch damit in Zusammenhang gebracht, dass wir „Antworten“ auf unsere Gebete bekommen (oder auch nicht). Allzu oft legen uns unausgereifte Darstellungen vom christlichen Glauben nahe, es ginge um „Alles oder nichts“ oder „Wohl und Wehe“. Im Christentum ist es noch nie darum gegangen, dass wir von all unseren Sorgen befreit wären oder uns eine Garantie für das gute Leben gegeben würde. Schauen Sie sich doch nur das Leben so mancher Glaubensväter und -mütter in der Bibel oder die christlichen Märtyrer aller Zeiten an – oder nehmen Sie das Beispiel von Zeitgenossen, die im Dienste des Evangeliums so manches Opfer bringen. Denken Sie auch einen Augenblick an gläubige Menschen, die vergeblich gegen eine Krankheit ankämpfen, die bei Unfällen ihr Leben lassen, die geliebte Menschen verlieren, die finanzielle Rückschläge erleiden, die verzweifelt bemüht sind, ihre Kinder auf den rechten Weg zurückzubringen.

Wenn wir in den Psalmen lesen, erkennen wir schnell, dass auch die Psalmisten um ihren Glauben kämpften. Selbst die Glaubensgiganten im Brief an die Hebräer erlebten Momente des Unglaubens. Sie stutzten. Sie zweifelten. Und doch fuhren sie fort, nach Gott zu suchen. Und in all ihrem Zweifeln erinnerten sie sich an frühere Begebenheiten, bei denen sie Gottes Gegenwart und Wirken erfahren hatten.

Wie gehen wir mit unserem Zweifel um?
In seinem Bestseller Disappointment with God (deutschsprachige Ausgabe: Von Gott enttäuscht) weist Philip Yancey zusammenfassend auf drei Fragen hin, die Christen nicht laut aus- zusprechen wagen: Ist Gott ein unfairer Gott? Ist Gott ein schweigender Gott? Ist Gott ein verborgener Gott? (Das neueste Buch von Yancey trägt den Titel Reaching for the Invisible God [deutschsprachige Ausgabe: Sehnsucht nach dem unsichtbaren Gott].)

„Ich muss den Glauben praktizieren, einfach um überzeugt zu sein, dass Gott existiert – eine Grundvoraussetzung für jede Beziehung. Doch wenn ich erkunden möchte, wie Glaube funktioniert, schlüpfe ich gewöhnlich zur Hintertür oder durch meine eigenen Zweifel hinein, denn am besten lerne ich meine eigenen Glaubensbedürfnisse in Phasen des Nichtglaubens kennen. Die Unsichtbarkeit Gottes garantiert, dass ich Zeiten des Zweifelns erlebe.“ [8]

Wir alle haben Zweifel. Das ist ganz natürlich. Schließlich glauben wir an Einen, den wir nicht sehen können, den zu hören wir uns intensiv bemühen müssen und der uns nicht immer verständlich ist.

Selbst die Jünger, die doch Jesus in seinem Leben und Wirken auf Erden begleiteten und mit ihm redeten, hatten um ihren Glauben an ihn zu kämpfen.

  • Als Jesus davon sprach, er sei „das Brot des Lebens“ und wir müssten von seinem Leib essen und von seinem Blut trinken, um das ewige Leben zu erlangen, sprachen viele seiner Jünger: „... Das ist eine harte Rede; wer kann sie hören? ... Von da an wandten sich viele seiner Jünger ab und gingen hinfort nicht mehr mit ihm“ (Joh. 6,53-66).
  • Philippus, einer der zwölf Jünger, sagte: „Herr, zeige uns den Vater, und es genügt uns [damit wir glauben können]“ (Joh. 14,8). Ist das zu viel verlangt?
  • Petrus leugnete dreimal in aller Öffentlichkeit, etwas mit Jesus zu tun zu haben (Mark. 14,27-31. 66-72).
  • Obgleich Jesus nach seiner Auferstehung zweien seiner Jünger auf der Straße nach Emmaus erschien (Luk. 24,1-35), hörten die übrigen neun (Judas hatte ihn verraten und sich getötet) die Berichte „und glaubten [...] es nicht“ (Mark. 16,9-13).
  • Als dem (als „ungläubiger Thomas“ bekannten) Jünger Thomas von der Auferstehung Jesu berichtet wurde, sagte er: „Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich’s nicht glauben“ (Joh. 20,24-25). Eine Woche später bekam er die Gelegenheit dazu (Verse 26-27). Da antwortete Thomas: „Mein Herr und mein Gott!“ (Vers 28). „Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ (Vers 29).

Damit sind wir gemeint – wir, die wir Jesus nicht leiblich gesehen haben, aber dennoch an ihn als unseren Herrn glauben. Wir empfangen unseren Segen durch unseren Glauben an ihn: an den, der er war und ist, und an das, was er für uns getan hat.

Glaube ist eine Gabe Gottes. Vielleicht aber ist auch Zweifel eine Gabe Gottes. „Wie könnte Gott sich in einer Weise offenbaren, die keinen Raum mehr für Zweifel lässt, ohne mich in diesem Prozess zu vernichten? Gäbe es keinen Raum für Zweifel, wäre auch für mich kein Raum da“, hat Frederick Buechner einmal gesagt.

Ein sterbender Erlöser bereitete fruchtbaren Boden für Zweifel. Ein vormals als Tischler arbeitender Mann, der dann als Reiseprediger Wunder tat und in Gleichnissen redete, war keineswegs die überzeugendste Gestalt, in der Gott alle Zweifel hätte ausräumen können. Die Stallgeburt des Sohnes einer Flüchtlingsfamilie war keineswegs ein Ereignis, das die in höchstem Maße ehrfurchtgebietende Ankunft auf Erden bezeugte.

Fjodor Dostojewskij, der große russische Autor, hat einmal gesagt: „Mein Glaube und Bekenntnis zu Jesus Christus ist nicht der Glaube eines Kindes. Mein Hosianna ist aus der Feuerprobe des Zweifelns geboren.“ Unsere Zweifel sind etwas Normales. Unsere Zweifel bieten uns die Gelegenheit, nicht nur die Sinnhaftigkeit unseres Glaubens zu prüfen, sondern auch zu hinterfragen, ob es Sinn macht, nicht zu glauben.

Glaube zum Wohlgefallen Gottes
„Mein Herr und Gott, ich habe keine Ahnung, wohin ich gehe“, schrieb der berühmte Mönch Thomas Merton (1915-1968). „Ich kenne den Weg vor mir nicht. Ich habe keine Gewissheit, wohin er führt. Ich kenne nicht einmal mich selbst – die Tatsache, dass ich meine, deinem Willen zu folgen, bedeutet nicht, dass ich dies auch wirklich tue. Aber ich glaube, dass der Wunsch, dir zu gefallen, dir tatsächlich wohlgefällt.“

Wir wissen, dass „Gott ins Herz schaut“, wie er zu dem Propheten Samuel gesagt hat. Selbst wenn wir gegen Zweifel und Unglauben ankämpfen, vermag Gott diesen Kampf zu sehen – und zu verstehen. Denken wir auch an Gottes Verständnis, als er zu Paulus sagte, seine (Gottes) Kraft sei in unserer Schwäche mächtig (2. Kor. 12,9). Gerade in Zeiten, in denen wir im Glauben versagen und schwach sind, können wir unseren Glauben – und Gottes Treue – wiederentdecken. Denken wir auch an die Worte, die Jesus zu Thomas sprach: „Weil du mich gesehen hast, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ (Joh. 20,29). Die Antwort des Petrus auf die herausfordernde Frage Jesu, als viele Jünger sich von ihm abwandten, ist in ihrer Einfachheit aufschlussreich: „Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt ihr auch weggehen? Da antwortete ihm Simon Petrus: Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes“ (Joh. 6,67-69).

„Wohin sollen wir gehen?“ „Für mich ist dies die fundamentale Antwort auf die Frage, warum ich überhaupt hier bin“, schreibt Philip Yancey. „Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass einer der überzeugendsten Gründe, warum ich hier in dieser Gemeinschaft bleibe, die Abwesenheit guter Alternativen ist, von denen ich so manche ausprobiert habe ... Das Einzige, was noch schwieriger ist als eine Beziehung zu einem unsichtbaren Gott, ist das Fehlen einer solchen Beziehung.“ [9]

„Wie Augustinus gesagt hat, fordert uns der Glaube zu der Überzeugung auf, dass Gott jeden Einzelnen von uns so liebt, als ob nur einer von uns da wäre, dem diese Liebe zuteilwird. Gott kennt jeden Einzelnen unter uns sechs Milliarden Menschen auf der Welt bei Namen. Auch Sie – als ob Sie sein einziges Kind wären.“

Der Glaube ist eine inhaltsreiche, komplexe und anspruchsvolle Thematik. Die folgenden Bibelausschnitte sollen dies verdeutlichen:
„Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben“ (Hab. 2,4) – eine Aussage, die im Neuen Testament mehrfach zitiert und wiederholt wird – siehe Röm. 1,17; Gal. 3,11; Eph. 2,8; Hebr. 10,38-39.
Jesus vollbrachte nicht viele Wunder in seiner Heimatstadt – „wegen ihres Unglaubens“ (Matth. 13,58).
„Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein“ (Jesus zu seinen Jüngern, Matth. 17,20-21).
Wir müssen uns bekennen zur „Umkehr zu Gott und den Glauben an unsern Herrn Jesus“ (Paulus zu den Kirchenältesten über den substanziellen Inhalt seiner Rede, Apg. 20,21).
Wir sind „geheiligt [...] durch den Glauben“ an Jesus (Apg.26, 18).
Aus dem Glauben erwächst Gehorsam (Röm. 1,5).
„So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi“ (Röm. 10,17).
„Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr’s ertragen könnt“ (1. Kor. 10,13).
„Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich“ (Paulus an die Kirchengemeinde in Korinth, 1. Kor. 15,14).
„... aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme“ (Eph. 2,8).
„... durch den [Jesus Christus] wir Freimut und Zugang haben in aller Zuversicht durch den Glauben an ihn“ (Eph. 3,12).

Im Glauben wachsen
Im Lauf unseres Lebens wächst unser Glaube – oder verkümmert auch zuweilen. Und manchmal ist es auch so, dass wir gerade dann, wenn wir uns besonders schwach im Glauben fühlen, eine wichtige Wachstumsphase erleben. Man hat die Entwicklungsstufen des Glaubens analysiert – sie sind etwas weiter unten unter der Überschrift „Stufen des Glaubens“ aufgeführt.

Wir alle wollen im Glauben wachsen. Wir wollen treu in unserem Glauben bestehen und leben. Für jeden von uns sieht die Glaubensreise anders aus, aber einige praktische Ratschläge können wir beherzigen, um unseren Glauben zu stärken.

Die richtige Umgebung

  • Eine gesunde Kirchengemeinde, die gemeinschaftlich den Glauben festigt und fördert
  • Eine Umgebung, in der das Wort Gottes gepredigt wird
  • Geistlicher Beistand oder Berater, an die Sie sich wenden können, wenn Sie Hilfe und Anleitung brauchen
  • Die regelmäßige Gemeinschaft mit anderen Gläubigen, mit denen Sie Ihre Glaubensreise gemeinsam unternehmen können

Die richtige „Nahrung“ für Wachstum im Glauben

  • Gebet
  • Meditation
  • Bibellektüre
  • Festliches Begehen der Gnadenakte Gottes

Gläubige Treue im Geist

  • Empfänglichkeit für das Drängen des Heiligen Geistes, unseres Ratgebers (Röm. 8)
  • Bereitschaft, den Heiligen Geist seine „Frucht“ in unserem Leben wachsen zu lassen (Gal. 5)

„Er [der Glaube] ist nicht etwas, was wir tun müssen, um Erlösung zu verdienen – wäre es an dem, so wäre Glaube nichts als ein weiteres Werk; Paulus aber sagt eindeutig, menschliche Werke könnten uns niemals erlösen (Gal. 2,16). Vielmehr ist der Glaube ein Geschenk, das uns Gott macht, weil er uns erlöst (Eph. 2,8). Es ist Gottes Gnade, die uns erlöst, nicht unser Glaube. In seiner Gnade schenkt er uns mit unserer Erlösung den Glauben – eine Beziehung zu seinem Sohn, die uns hilft, so zu werden wie er. Durch den Glauben, den er uns schenkt, führt er uns aus dem Tod ins Leben (Joh. 5,24).“

Wir wollen die wundervolle Gabe des Glaubens feiern durch ein Leben in gläubiger Treue – voller Zuversicht, Hoffnung und Gewissheit; denn wir wissen, wir glauben und wir leben durch das, was Gott in unserem Erlöser Jesus Christus für uns getan hat.

Stufen des Glaubens
In seinem Buch Faith Development: The psychology of human development and the quest for meaning (Harper & Row, 1981; deutschsprachige Ausgabe: Stufen des Glaubens. Die Psychologie der menschlichen Entwicklung und die Suche nach Sinn) erläutert James Fowler die folgenden sechs Entwicklungsstufen des Glaubens.

Stufe 1: Intuitiv-projizierender Glaube.
Typisch für kleine Kinder in einer Phase, in der wir die unmittelbaren Autoritätsgestalten in unserem Leben bereitwillig anerkennen.

Stufe 2: Mythischer Buchstabenglaube.
Typisch für Kinder im Alter von etwa zehn Jahren; der Glaube wird durch wortwörtliche Interpretation im Einklang mit den in diesem Alter herrschenden konkreten Vorstellungen zum Ausdruck gebracht. Persönliche Erfahrungen spielen eine ebenso wichtige Rolle wie Gerechtigkeit und Fairness.

Stufe 3: Synthetisch-konventioneller Glaube.
Diese häufig bei Jugendlichen anzutreffende Glaubensstufe ist gekennzeichnet durch die Suche nach Konsistenz, Kohärenz und Sinnhaftigkeit für einen umfassenden Bereich neuer Lebenserfahrungen. In dieser durch zwischenmenschliche Beziehungen und Konformismus geprägten Phase werden die Wertvorstellungen, Doktrinen, Praktiken und Glaubenserfahrungen der Glaubensgemeinschaft allgemein anerkannt, wenngleich nicht immer hinreichend reflektiert. In dieser Phase sind wir bemüht, die verschiedenen Glaubenslehren „unter einen Hut zu bringen“ – gewöhnlich in Einklang mit unserer Glaubensgemeinschaft. Fowler und andere Autoren weisen darauf hin, dass auch viele Erwachsene bei einem solchen Glauben verharren.

Stufe 4: Individualisiert-reflektierter Glaube.
Diese Entwicklungsstufe, die viele Menschen gar nicht erst kennen lernen, verlangt, dass sich das Individuum kritisch mit den eigenen Überzeugungen und Glaubensmeinungen auseinandersetzt und Herausforderungen, Probleme sowie paradox erscheinende Zusammenhänge hinterfragt. Es ist eine Phase des Kampfes um Wachstum und Verstehen.

Stufe 5: Paradox-konsolidierter Glaube.
Man kann die Gültigkeit anderer Glaubensmeinungen anerkennen und doch an der eigenen Auffassung festhalten. Man entwickelt Verständnis dafür, wie die persönliche Lebensgeschichte und die Erfahrungen eines Menschen dessen Glauben prägen und möglicherweise auch einschränken. In dieser Phase geht es weniger um „Schwarz-Weiß-Malerei“, sondern vielmehr um „Grauzonen“; die Konflikte, auf die man stößt, sind dem Glauben nicht abträglich, sondern motivieren dazu, mehr über Gott erfahren zu wollen, als uns Glaubensbekenntnisse und Lehrmeinungen vermitteln können. Wir erleben eine Zeit, in der wir Gott trotz unserer Fragen vertrauen können.

Stufe 6: Universalisierender Glaube.
Fowler zufolge ist diese Entwicklungsstufe höchst selten anzutreffen, aber zugleich höchst einflussreich insofern, als diejenigen, die diese Stufe erreichen, starken Einfluss auf die Welt nehmen. Die Glaubenskämpfe werden in den Hintergrund gedrängt durch das Engagement, den eigenen Glauben zum Wohle anderer auszuleben – aller drohenden persönlichen Gefährdung zum Trotz.

Zum Nachdenken und Diskutieren
„Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht“ (Gottes Worte durch den Propheten an das Volk Juda angesichts einer drohenden Invasion, Jes. 7,9).
„Glaubet an den Herrn, euren Gott, so werdet ihr sicher sein“ (König Joschafat von Juda zu seinen Kriegern vor einem Angriff, 2. Chr. 20,20).
„Seht die Lilien an, wie sie wachsen: sie spinnen nicht, sie weben nicht. Ich sage euch aber, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen. Wenn nun Gott das Gras, das heute auf dem Feld steht und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet, wieviel mehr wird er euch kleiden, ihr Kleingläubigen!“ (Jesus zu seinen Jüngern, Luk. 12,27-28).
„Und durch den Glauben an seinen Namen hat sein Name diesen, den ihr seht und kennt, stark gemacht; und der Glaube, der durch ihn gewirkt ist, hat diesem die Gesundheit gegeben vor euer aller Augen“ (Petrus nach der Heilung eines gelähmten Bettlers, Apg. 3,16).
„Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben“ (Röm. 1,17).
„[Die] Gerechtigkeit vor Gott [...] kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben“ (Röm. 3,22).
„Den Schwachen im Glauben nehmt an und streitet nicht über Meinungen“ (Röm. 14,1).
„Erforscht euch selbst, ob ihr im Glauben steht; prüft euch selbst! Oder erkennt ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist?“ (2. Kor. 13,5).
„... ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus“ (Gal. 3,26).
Was zählt, ist „der Glaube, der durch die Liebe tätig ist“ (Gal. 5,6). Es ist nur „ein Glaube“ (Eph. 4,5).
„... der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen“ (2. Thess. 3,3).
„... und wisst, dass euer Glaube, wenn er bewährt ist, Geduld wirkt“ (Jak. 1,3).
„So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber“ (Jak. 2,17).
„Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot“ (Jak. 2,26).
„Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh. 1,9).

Vielleicht sind Sie auch an den folgenden Darstellungen zum Thema Glauben interessiert:
Abraham (1. Mose 11,27 – 25,11)
Die als Kundschafter ausgesandten Israeliten (4. Mose 13 – 14)
Das Buch Ester
Glaube an Worte und Taten Jesu (Joh. 4,39 – 6,71)

Fußnoten:
[1] Kluge, F., Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache (Walter de Gruyter, 1975), S. 260.
[2] DUDEN. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 3: GKal (Bibliographisches Institut Mannheim, Dudenverlag, 1976), S. 1045.
[3] Packer, J.I., Concise Theology (Wheaton: Tyndale, 1993), S. 183-184.
[4] Sproul, R.C., Essential Truths of the Christian Faith (Tyndale House, 1992), S. 183.
[5] Life Application Bible (Wheaton: Tyndale; Grand Rapids: Zondervan), S. 2236.
[6] McAfee Brown, R., The Spirit of Protestantism (Oxford University Press, 1961), S. 3.
[7] Minirth, F., Meier, P. und Arterburn, S., Complete Life Encyclopedia (Thomas Nelson Publishers, 1995), S. 255.
[8] Guthrie, S.C., Christian Doctrine (Louisville: Westminster/John Knox Press, 1994), S. 323.
[9] Yancey, P., Reaching for the Invisible God [Sehnsucht nach dem unsichtbaren Gott] (Grand Rapids: Zondervan, 2000), S. 37.


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