
Vom Totenbett aus soll der berühmte Komponist Oscar Hammerstein eine Nachricht an den Star seines Musicals South Pacific geschickt haben. Darin stand dem Sinne nach: „Liebe Mary, eine Glocke ist erst dann eine Glocke, wenn sie geläutet wird. Ein Lied ist erst dann ein Lied, wenn es gesungen wird. Liebe im Herzen soll nicht dort verweilen. Liebe ist erst dann Liebe, wenn sie verschenkt wird.“ Mary Martin las die Nachricht und begeisterte das Publikum mit einer überwältigenden Aufführung. Auf ihre außergewöhnlich gute Leistung angesprochen, zeigte sie Hammersteins Nachricht und sagte: „Heute Abend habe ich meine Liebe verschenkt.“
Als Christen sind wir dazu aufgerufen, unsere Liebe zu verschenken – als Antwort auf das, was Gott für uns getan hat. Denn wenn wir über Liebe und das Schenken von Liebe sprechen, erinnern wir uns daran, dass uns dies nur deshalb möglich ist, weil Gott uns seine Liebe bewiesen hat. „Darin besteht die Liebe: nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden“ (1. Joh. 4,10). In dieser Passage steht auch die großartige Aussage des Apostels Johannes: „Gott ist die Liebe“ (Vers 8). Indem wir lieben, bringen wir unsere Gemeinschaft mit Gott zum Ausdruck.
Die Liebe ist das vorrangige Merkmal göttlichen Wesens und höchster Ausdruck christlichen Glaubens und Handelns.[1] Darum ist die Liebe ein wesentlicher Bestandteil unserer Glaubensgrundlage.
„Danket dem Herrn; denn er ist freundlich, denn seine Güte währet ewiglich“, heißt es im Psalter (Ps. 136,1). Gottes Liebe ist keine beiläufige, ungewisse oder an Bedingungen geknüpfte Liebe – sie ist Realität. Sie ist die Liebe, nach der wir alle verlangen. Aber noch erstaunlicher ist, dass Gott nicht wartet, bis wir seine Liebe suchen oder unser Verlangen nach seiner Liebe zugeben, sondern dass er uns von sich aus reichlich damit beschenkt.
Denken wir nur daran, wie er sich der Welt zuwendet – unabhängig davon, ob wir ihm unsere Anerkennung geben oder ihm antworten. Diese Liebe erfahren wir ganz allgemein in der Schöpfung der Welt, in der Luft, die wir einatmen, in der Nahrung, die wir zu uns nehmen, in der Schönheit, die wir genießen, in der Freude, die wir erleben. All dies sind Gaben Gottes. „Denn er [Gott] lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte“ , hat Jesus zu seinen Jüngern in der Bergpredigt gesagt (Matth. 5,45).
„Denn Christus ist schon zu der Zeit, als wir noch schwach waren, für uns Gottlose gestorben. Nun stirbt kaum jemand um eines Gerechten willen; um des Guten willen wagt er vielleicht sein Leben. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren“ (Röm. 5,6-8).
„Er hat uns geliebt – nicht, weil wir liebenswert wären, sondern weil er die Liebe ist“, so hat es C. S. Lewis einmal formuliert. Gottes Liebe ist nach seinem eigenen Willen nicht davon ab- hängig, dass wir sie anerkennen oder annehmen. Diese Liebe ist eine Gabe, die jeder menschlichen Antwort vorausgeht.[2] Gottes Liebe ist eine wichtige Konstante im Leben, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Gott liebt uns unaufhörlich. Er gibt uns nicht auf. Er verliert nicht sein Interesse an uns. Er lässt sich nicht ablenken.
Die Liebe Gottes wird in der Bibel verglichen mit:
Gottes Liebe wird beschrieben als:
Wie tragisch es doch ist, dass Gott so häufig als ein strenger, ferner, gleichgültiger, kritischer, auf Rache sinnender Gott dargestellt wird! Gott liebt die Welt. Und der bekannte Vers im Johannes-Evangelium („Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ , 3,16) legt die Liebe Gottes keineswegs räumlich oder zeitlich fest. Wie im anschließenden Vers bestätigt wird, war Jesu Ankunft in unserer Welt vielmehr Ausdruck der unaufhörlichen Anteilnahme Gottes an seiner Schöpfung: „Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde“ (Vers 17).
In den vorangegangenen Ausgaben unseres Bibelstudiums wurde bereits näher erläutert, dass Gott uns „erretten“ und für alle Zeiten versöhnen will. Gott hat seiner Liebe zu uns Ausdruck gegeben durch Jesus Christus, weil er uns liebt – weil er die Liebe ist.
Wir wissen also, dass Jesus die Liebe Gottes bewiesen hat, indem er für uns gestorben ist (2. Kor. 5,14.21). Aber wir sollten auch daran denken, wie er diese Liebe in den „weltlichen“ Aspekten seines Lebens und Wirkens zu erkennen gegeben hat:
Jesu Wirken sprach ganz und gar nicht für einen grollenden, abwartenden, grimmigen Gott, der argwöhnisch die Gemeinde beäugt, um seine diesbezüglich schlimmsten Befürchtungen bestätigt zu sehen. Vielmehr begegnen wir einem Gott, der mit offenen Händen und offenem Herzen gibt, die Gemeinschaft mit den Menschen sucht und durch sein Handeln religiöse Barrieren aufheben will: „Und er ging nach Jericho hinein und zog hindurch. Und siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt. Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen. Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden. Als sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt“ (Luk. 19,1-7).
„Und danach ging er hinaus und sah einen Zöllner mit Namen Levi am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach! Und er verließ alles, stand auf und folgte ihm nach. Und Levi richtete ihm ein großes Mahl zu in seinem Haus, und viele Zöllner und andre saßen mit ihm zu Tisch. Und die Pharisäer und ihre Schriftgelehrten murrten und sprachen zu seinen Jüngern: Warum esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern? Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten“ (Luk. 5,27-32).
Allerdings wollte Jesus nicht den Eindruck erwecken, die religiösen Anführer seien keine Sünder! Weit gefehlt. Vielmehr forderte er sie heraus – sie sollten erkennen, dass auch sie Sünder waren und der Vergebung bedurften, anstatt in Selbstgerechtigkeit über andere zu Gericht zu sitzen. Nicht anders als damals gibt es auch heute Menschen, die bereit und willens sind, die Gemeinschaft Christi, seine Liebe, seine Nähe und seine Vergebung zu bejahen, während andere nichts davon wissen wollen.
Es mag uns – wie damals den Pharisäern – merkwürdig erscheinen, dass Gott die Sünder liebt. Aber so merkwürdig ist das gar nicht. Eigentlich hat Gott keine andere Wahl: „Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten“ (Röm. 3,23). Doch ist es nicht nur so, dass Gott die Sünder duldet – er liebt sie.
„Trotz aller Bestrafungsmöglichkeiten und trotz seiner eigenen fleckenlosen Reinheit betrachtet Gott die Sünder nicht mit Abscheu, sondern mit Liebe, mit der kostbaren Liebe, wie sie am Kreuz erkennbar wird, an dem Jesus zu ihrer Errettung starb. Die Evangelisten [Matthäus, Markus, Lukas und Johannes] richten unsere Aufmerksamkeit nicht eigens auf die Liebe, wie sie im Kreuz zum Ausdruck kommt (mit Ausnahme von Joh. 3,16), sondern zeichnen das unvergessliche Bild eines Gottes der Liebe, der alles Notwendige getan hat, um uns unwürdigen und bösen Menschen Erlösung zu bringen. Das ist keine gewöhnliche Liebe.“[3]
Sicher, nicht alle Menschen nehmen Gottes Liebe an und antworten darauf; dennoch ist es Gottes Wille, dass alle gerettet werden (1. Tim. 2,4). Gottes Liebe ist wahrlich „von Ewigkeit zu Ewigkeit während“, „ewig“, „treu und gerecht“, „gnädig, barmherzig, geduldig und von großer Güte“, „von einer Güte, die die Erde erfüllt“.
Wir können der Liebe Gottes zu uns niemals entsprechen. Er ist Gott und wir sind Menschen
Seine Liebe ist vollkommen, treu und bedingungslos – unsere Liebe ist unausweichlich unrein, unbeständig und unvollkommen. Und dennoch liebt er uns.
Jesus hat Gottes Erwartungen an uns wie folgt zusammengefasst: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von –ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften“ (Mark. 12,29-30; Matth. 22,37-38; Luk. 10,27). Dies ist es, was Gott seit jeher von uns Menschen erwartet. Jesu Worte greifen das jüdische Glaubensbekenntnis im fünften Buch Mose (6,4-5) auf – es ist bekannt unter der (vom hebräischen Wort für „hören“) abgeleiteten Bezeichnung Shema: „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein. Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. “
Dies ist vollkommen verständlich und zugleich vollkommen unverständlich. Verständlich deshalb, weil in Anbetracht der offensichtlichen Liebe Gottes zu uns gar keine andere Antwort vorstellbar ist. Und doch unverständlich deshalb, weil wir Menschen sind, Gott aber Gott ist. Wir können ihn nicht sehen. Wir können ihn nicht hören. Wir können ihn nicht berühren. Ja, uns werden gelegentliche Einsichten zuteil. Ja, es gibt Augenblicke tiefer Klarheit. Und doch bleibt der Gott, nach dem wir verlangen, „der unsichtbare Gott“, wie Philip Yancey es formuliert hat („The Invisible God“) .[4] Und selbst jene Augenblicke augenscheinlicher Klarheit – die „gewissen“ Vorstellungen oder Eindrücke von Gott, die wir vielleicht erfahren – sind mehr oder weniger verzerrt.
Wenn wir ein Dutzend Christen nach ihrer Beziehung zu Gott fragen, erhalten wir neben oberflächlichen oder klischeehaften Antworten vermutlich eine ganze Reihe verschiedener Interpretationen und Erfahrungen. (Und zweifellos werden darunter auch einige sein, die auf diese Frage mit dem Hinweis antworten, das sei eine „persönliche“ Angelegenheit – womit sie einfach nur sagen wollen, dass wir alle unterschiedliche Erfahrungen machen.) Und wenn wir dann noch Spekulationen darüber anstellen, welches Gottesverständnis wohl die Gottesdiener in der Bibel gehabt haben, wird die Sache noch spannender: Worin unterscheidet sich etwa die Beziehung von König David zu Gott von dem Gottesverständnis, das beispielsweise die Propheten Jeremia oder Hosea oder Hiob hatten? Worin unterscheidet sich die Gottesauffassung des Paulus von der des Petrus, die des Jakobus von der des Johannes, die der Lydia von der Martas?
So unterschiedlich unsere Beziehungen zu Gott, so einmalig unsere Möglichkeiten zum Ausdruck unserer Liebe zu ihm sein mögen – sie alle sind gültig und real. Yancey erläutert dazu: „Ich werde zu dem, der ich als Christ bin, durch meine Beziehung zu Gott. Auf geheimnisvolle und oft kaum beschreibbare – und doch niemals zwingende oder manipulativ eingreifende – Weise habe ich mich im Lauf der Zeit infolge meines Kontakts zu Gott verändert.“[5]
Gottes Liebe ist dergestalt, dass sie uns alle erfassen kann, gleich, welcher Herkunft wir sind, wie falsch die Vorstellungen auch sein mögen, die wir von uns, anderen oder Gott haben, wie gut oder schlecht unsere Beziehung zu Gott auch gestaltet sein mag.
Paulus hat deutlich darauf hingewiesen, als er den Christen in Ephesus schrieb: „[Ich bitte den Vater,] dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid. So könnt ihr mit allen Heiligen begreifen, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist, auch die Liebe Christi erkennen, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet mit der ganzen Gottesfülle“ (Eph. 3,17-19).
Die Sprache mutet vielleicht ein wenig altertümlich an, aber die Botschaft ist eindeutig. Eugene Peterson hat seine Übersetzung in The Message [Die Botschaft] in einem uns geläufigeren Sprachstil formuliert: „Ich bitte ihn [den Vater], dass ihr, die ihr mit beiden Füßen auf dem festen Boden der Liebe steht, fähig sein möget, gemeinsam mit allen Christen die unglaublichen Dimensionen der Liebe Christi zu begreifen. Streckt die Hand aus und erfahrt die Breite! Testet ihre Länge! Lotet die Tiefen aus! Schwingt euch empor zu den Höhen! Lebt ein erfülltes Leben, erfüllt in der Fülle Gottes.“[6]
„[Jesus] ruft die Menschen nicht dazu auf, ihr Gesicht zu einem strengen Gott zu erheben, der nur darauf wartet, sie zu strafen – zu einem Gott, dem es darauf ankommt, dass wir uns durch gute Werke verdient machen. Er weist auf einen liebenden Gott hin, einen Gott, der seinen Sohn gesandt hat, um die Menschen zu retten und an einem reicheren Leben teilhaben zu lassen, in dem es nicht darauf ankommt, Strafe abzuwenden und Verdienste zu erwerben. Vielmehr sollen die Menschen Gott vertrauen und Liebe mit Liebe beantworten.“[7]
Die Erkenntnis der Liebe Gottes zu uns ist eine befreiende Erfahrung, die es uns ermöglicht, andere so zu sehen, wie Gott sie sieht (nämlich als Objekte seiner Liebe). Nur so können wir Gottes Liebe, die wir in unserem Leben erfahren, ihnen gegenüber zum Ausdruck bringen.
Als Jesus sagte, das „höchste und größte Gebot“ sei, Gott von ganzem Herzen und ganzer Seele und ganzem Gemüt und mit ganzer Kraft zu lieben, fuhr er gleich fort: „Das andere aber ist dem gleich: ,Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst‘“ (Matth. 22,38-39). Der Apostel Johannes erläuterte in dem Zusammenhang an späterer Stelle: „Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht?“ (1. Joh. 4,20).
Johannes spricht hier ein absolutes Grundprinzip christlichen Glaubens an: wenn Gott uns liebt und wir darauf mit unserer Liebe zu ihm antworten, findet unsere Liebe Ausdruck gegenüber denen, die Gott zuvor geliebt hat und die wir lieben sollen. Das Wissen um die Liebe Gottes befähigt uns, diese Liebe mit anderen zu teilen. „Ihr Lieben, lasst uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott ... Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen“ (Verse 7,12). Die Tatsache, dass wir die Liebe Gottes erkennen und erfahren, macht es uns möglich, in unserer Welt Zeugnis von Gott abzulegen.
Eine der großen Tragödien der Christenheit besteht darin, dass ihre Anhänger allzu oft geradezu besessen „die Wahrheit“ verkünden, „bezeugen“ oder „beweisen“ wollen, denn dabei kann ihnen die Liebe schnell abhandenkommen. Das größte Zeugnis unseres Glaubens aber ist die Liebe – unsere Liebe zu Gott, die ihren Ausdruck in unserer Liebe zu unseren Mitmenschen findet.
Leicht gesagt! Doch diesem ständigen Kampf müssen sich die meisten von uns ihr Leben lang stellen. Wir werden ihn niemals ganz gewinnen. Aber das darf uns weder individuell noch kollektiv davon abhalten, nach Frömmigkeit und Rechtschaffenheit zu streben. Am Anfang steht die Erkenntnis, dass Gott uns liebt. Konzentrieren wir uns auf das, was er für uns getan hat, auf seine beständige, bedingungslose Liebe zu uns, auf die Tiefe und Fülle seiner Liebe, kurz, auf die völlige „Unverständlichkeit“ seiner Liebe: Nur dann können wir ein Leben beginnen, das von Liebe zu anderen geprägt ist und auf diese Weise Gottes Gegenwart in unserer Welt bezeugt.
„Die Liebe hört niemals auf“, schrieb der Apostel Paulus an die frühchristliche Kirche (1. Kor. 13,8). Selbst unsere offensichtlich mangelhaften Versuche, Liebe zu zeigen, sind wichtig. Die Liebe, die wir als Eltern, als Kinder, als Freunde, als Betreuer aufbringen, mag nicht so voll- kommen oder beständig oder bedingungslos sein, wie wir dies vielleicht möchten, aber Gott wird uns in unserem Versuch, sein Wesen anderen zu bezeugen, nicht scheitern lassen. Weil Gott ein treuer und gerechter Gott ist.
„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen“, schrieb Paulus der Kirchengemeinde in Korinth (1. Kor. 13,13). Mit diesen Worten fasste er eine Passage seines Briefes zusammen, in der er die Attribute göttlicher Liebe beschrieben hatte.
„Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf ...“ (1. Kor. 13,4-8).
Wir wollen diese Attribute der Reihe nach in ihrer Bedeutung für unser Leben erläutern. Dabei erkennen wir sehr schnell, wie kläglich wir versagen. Doch darum geht es hier nicht. Es geht vielmehr um die Liebe, mit der Gott uns liebt – und mit dieser Liebe dürfen wir versuchen, andere zu lieben. Und das tun wir. Vielleicht nicht beständig, nicht folgerichtig und auch nicht ausschließlich. Vielleicht nur teilweise und mehr schlecht als recht. Aber wir dürfen lieben, so wie Gott uns liebt. Weil wir seine Liebe erkennen. Mit seiner Beschreibung der Liebe erinnert uns Paulus daran, dass Liebe nicht passiv ist, sondern aktiv.
- Walter Hilton –
Wenn dies Liebe ist – wie kann sie dann ein Ende haben? Häufig wird darauf verwiesen, im Hohelied der Liebe könne der Name Jesu anstelle des Wortes Liebe stehen. Denn diese Bibelstelle beschreibt die Liebe, wie Jesus sie in seinem Leben verkörpert hat. Dies ist die Liebe, mit der Gott uns liebt. Dies ist die Liebe, an der er uns teilhaben lassen will in unserem neuen Leben mit und in ihm. Liebe ist es, was Gott uns entgegenbringt. Liebe ist sein göttliches Wesen. Seine Liebe findet Ausdruck in seiner Schöpfung, in seinem Wort und in seiner Gegenwart in der Gestalt des Menschen Jesus von Nazareth. Liebe ist das Fundament unseres Glaubens.
Möge die Liebe Gottes das Fundament unseres Lebens sein. Möge Liebe Ausdruck finden in all unserem Tun. Möge Liebe Ausdruck finden in unseren Kirchen. Gebe uns Gott, dass wir seine tiefe, unvergleichliche, lebensverändernde, unverständliche, aber lebensnotwendige Liebe in alle Welt hinaustragen.
Dies ist die letzte Ausgabe unseres Bibelstudiums. Unser Dank gilt allen, die uns darin unterstützt und ermutigt haben.
1. Warum fällt es uns Menschen Ihrer Meinung nach so schwer, die Liebe Gottes, wie sie in der Bibel beschrieben wird, zu verstehen?
2. In welcher Form haben Sie die Liebe Gottes in Ihrem Leben erfahren?
3. Denken Sie über die Worte des Apostels Paulus in 1. Korinther 13 nach: Welche Attribute der Liebe finden Sie leicht verständlich?
4. Bei welchen Attributen der Liebe tun Sie sich schwerer?
5. Warum wird der christliche Glaube zuweilen als kalt und lieblos eingeschätzt?
6. Was können die Kirchen tun, um die Liebe Gottes in der Welt zutreffender zum Ausdruck zu bringen?
7. Wie können wir als Individuen zu solchem Bemühen in der Gemeinde beitragen?
Wenn Sie den Wunsch haben, diese Thematik zu vertiefen, sollten Sie die folgenden Bibelstellen nachlesen:
Ausgewählte Psalmen, in denen die Liebe zu Gott beziehungsweise die Liebe Gottes zu uns besungen wird: Psalmen 23, 51, 106 und 136
Ausgewählte Passagen aus den Evangelien:
Matthäus 5-7; Lukas 7,36-50; Lukas 10,25-37; Lukas 12,22-34; Lukas 15; Johannes 10,1-18; Johannes 14-17.
Ausgewählte Passagen aus den Briefen an die Gemeinden: Römer 12; Römer 13,8-14; Epheser 2,1-10; Epheser 4-5; Philipper 2; Kolosser 3; 1. Johannes.
[2] Ebd., S. 120.
[3] Green, J. B., McKnight, S., Marshall, I. H. (Eds.) Dictionary of Jesus and the Gospels (Intervarsity Press, 1992), S. 494.
[4] Yancey, P., Reaching for the Invisible God [Sehnsucht nach dem unsichtbaren Gott] (Grand Rapids: Zondervan, 2000).
[5] Ebd., S. 108.
[6] Peterson, E.H., The Message (Christian Art Publishers, 1996).
[7] Green et al., S. 494.
[8] Barclay, W., The Daily Study Bible Series: The Letters to the Corinthians (Revid. Ausgabe) (Westminster Press, 1975), S. 120.
[9] Morris, L., Tyndale New Testament Commentaries: 1. Corinthians (Intervarsity Press, 1983), S. 184.
[10] Barclay, S. 122.
[11] Ebd., S. 123
[12] Ebd.